Was am Tag des Tätowierens für immer bleiben soll, wollen viele später doch wieder loswerden. Moderne Laser bieten die Möglichkeit dazu und sind zudem ein profitables Geschäft für Anbieter und Betreiber. Doch jüngste Untersuchungen geben Hinweise auf gesundheitliche Risiken.
Während gesundheitliche Gefahren durch das Tätowieren selbst, etwa durch schädliche Inhaltsstoffe in Tätowierfarbe, zunehmend erforscht werden, ist die Datenlage über die Risiken der Tattoo-Entfernung dagegen vergleichsweise dünn. Im August dieses Jahres veröffentlichte das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) nun bemerkenswerte Ergebnisse hierzu: Die Forscher analysierten die Spaltprodukte, die nach einer Rubinlaserbestrahlung des Farbpigments Phthalocyaninblau entstanden und wiesen dabei erhöhte Blausäure-Konzentrationen nach.
Rubinlaser finden häufig Anwendung, um blaue Tätowierungen zu entfernen. Daher analysierte die BfR-Studie die Spaltprodukte des blauen Farbpigments Kupfer-Phthalocyanin. Die Forscher fanden neben gesundheitsschädlichen Stoffen wie 1,2-Benzendicarbonitril, Benzonitril und Benzol auch Blausäure (HCN), die für ihre zytotoxische Wirkung bekannt ist. Überträgt man die Studiensituation auf in vivo Bedingungen, gehen die Wissenschaftler davon aus, dass durch die Laserbehandlung Konzentrationen von 30 Mikrogramm Blausäure pro Milliliter im Gewebe anfallen könnten. Werden sehr große Hautflächen auf diese Weise mit dem Laser behandelt, ist durchaus von einem gesundheitlichen Risiko auszugehen. „Wir konnten zum ersten Mal zeigen, dass bei der Laserbehandlung eines Tätowierungspigments in wässriger Suspension Stoffe in Konzentrationen entstehen, die hoch genug wären, in der Haut Zellschäden zu verursachen“, sagt BfR-Präsident Prof. Andreas Hensel.
„Immer mehr junge Leute lassen sich ein Tattoo stechen“, stellt Prof. Bäumler, Experte für Lasermedizin an der Uniklinik Regensburg fest. Seinen Aussagen zufolge ist in den USA bereits ein Viertel der Bevölkerung tätowiert, in Deutschland tragen schätzungsweise 6 Millionen Menschen diesen bleibenden Körperschmuck. Dabei zählen neben den reinen Schmucktätowierungen, etwa an Armen oder Schultern, auch das sogenannte Permanent Make-up zu den Tätowierungen, da es sich technisch um den gleichen Vorgang handelt. Doch sind die Farbpigmente – mitunter schmerzlich und kostspielig – einmal in die Dermis verbracht, bleiben sie dort dann oft länger als es dem Gestochenen lieb ist. So wünschen sich etwa 700.000 Deutsche eine vollständige oder teilweise Entfernung ihres Tattoos. Dies dürfte die Annahme zulassen, dass auf die Tattoo-Mode eine Welle der Tattoo-Entfernungen folgen dürfte. Grundsätzlich gibt es verschiedene Verfahren, um die unliebsame Hautzierde wieder loszuwerden. Allen gemein ist, dass sie keine vollständige Entfernung des Tattoos garantieren können und immer mit einem gesundheitlichen Risiko einhergehen. So sollten Verbraucher bei einer chirurgischen Entfernung oder dem Einsatz flüssiger Tattoo-Entferner Hautinfektionen und Narben als mögliche Risiken mit einkalkulieren.
Ob die verwendeten Tätowierfarben ein gesundheitsgefährdendes Potenzial haben könnten, untersuchen Forscher bereits seit längerer Zeit. Während Tätowierer früher Pigmente aus Cadmium-, Chrom-, oder Titanverbindungen unter die Haut brachten, greifen sie heute vermehrt zu Farben, die häufig industrielle organische Pigmente wie Azo-Verbindungen enthalten. Dabei beschäftigen sich Wissenschaftler wie Professor Bäumler zum einen mit dem toxischen Potenzial dieser lebenslangen Fracht im Körper von Tätowierten, zum anderen mit der Frage, welche Substanzen nach Fragmentierung der Farbpigmente mittels Laser entstehen. Das gesundheitliche Risiko durch Laserbehandlungen von Tattoos gilt bislang als schwer abschätzbar, denn Daten über die Sicherheit der verschiedenen Verfahren zur Tattoo-Entfernung gibt es kaum. Weder ist klar, welche chemischen Abbauprodukte in den verschiedenen Prozessen entstehen, noch, welche Langzeitwirkungen diese auf den Organismus haben.
Das BfR rät Verbrauchern, die ihr Tattoo loswerden möchten, sich ausführlich über die Risiken der jeweiligen Methode beraten zu lassen. Für den Verbraucher bedeutet dies jedoch die Quadratur des Kreises, denn das BfR verfügt über keine Liste, in der alle Verfahren zur Tattoo-Entfernung aufgeführt werden. Immer neue Methoden kommen hinzu, diese bedürfen weder einer Meldepflicht noch einer behördlichen Prüfung. Erschwert wird die Problematik zusätzlich durch den Umstand, dass die Anwendung der Verfahren keineswegs Privilegien des Arztes sind. „Rechtlich befinden wir uns in einer Grauzone. Heute wird die Entfernung von Tattoos nicht nur von Ärzten, sondern auch von Kosmetikerinnen oder auch von Tattoo-Studio-Betreibern angeboten“, sagt Prof. Bäumler. „Als Patient sollte man jedoch immer zu einem Mediziner gehen“, rät der Experte weiter. Für den Verbraucher ist nun also guter Rat teuer. Das gilt im Übrigen auch für die Behandlungskosten: So kommen für die Laserentfernung, je nach Größe des Tattoos und Anzahl der Sitzungen, schnell mehrere Tausend Euro zusammen. Angesichts der zunehmenden Nachfrage sicher ein profitables Geschäft für Tattoo-Entferner – und zwar sowohl für Ärzte als auch für Kosmetikerinnen. Kritische Verbraucher dürften sich vor diesem Hintergrund die Frage stellen, wie groß das Interesse der Anbieter überhaupt ist, zuverlässige Aussagen über die Sicherheit der Tattoo-Entfernung zu erlangen. Dr. Klaus Hoffmann, Dermatologe der Ruhr-Universität Bochum, entfernt Tätowierungen mithilfe eines der modernsten Systeme, des sogenannten Picosekundenlasers. Er beurteilt die Lage so: „Es gibt eine Diskussion, ob Laser potenziell auch gefährlich sein können – die Spaltprodukte verteilen sich ohne jeden Zweifel im Körper.“ Ob diese Spaltprodukte dem Organismus auch tatsächlich schaden können, lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht endgültig sagen. Sein guter Rat für Tattoo-Fans lautet: „Der Laser ist kein Radiergummi und das soll er auch nicht sein. Die Leute sollen nachdenken, bevor sie sich ein Tattoo stechen lassen. Think before you ink!“