Apotheker und Ärzte könnten hierzulande viel von anderen EU-Staaten, wie zum Beispiel von Großbritannien, lernen, um gegen Antibiotikaresistenzen vorzugehen. Politiker üben sich einmal mehr in vornehmer Zurückhaltung – auf Kosten des Gesundheitssystems.
Multiresistente Erreger (MRE) führen bundesweit zu Ausgaben in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro. Jetzt liegen präzise Zahlen aus der Versorgungsforschung vor: Experten am Wissenschaftlichen Institut der Techniker Krankenkasse (WINEG) rechnen pro Infektion mit Mehrkosten von 17.500 Euro – größtenteils durch stationäre Aufenthalte. Ärzte behandeln Infizierte im Schnitt 27 Tage, also dreimal so lange wie Patienten ohne MRE. Medikamente kommen noch mit hinzu. Als Basis dienten anonymisierte Daten von 11.000 Versicherten der TK. Doch es gibt mehrere Lösungen – rein theoretisch.
Ärzte plädieren schon lange dafür, alle Patienten direkt bei der stationären Aufnahme zu untersuchen. Sollten Mediziner multiresistente Erreger nachweisen, müssen Betroffene umgehend isoliert und saniert werden. Andere europäische Länder, beispielsweise die Niederlande, arbeiten seit Jahren mit Erfolg nach diesem Prinzip. Hermann Gröhes (CDU) Zehn-Punkte-Plan sieht vor, erst weitere Analysen abzuwarten, bevor die Regierung vielleicht eine Empfehlung ausspricht. Darüber hinaus muss es Heilberuflern gelingen, Verordnungen auf ein sinnvolles Maß zu reduzieren.
Gesundheitsexperten aus Großbritannien haben ein neues Konzept entwickelt. Hintergrund ist, dass Patienten viele Ärzte unter Druck setzen, wider besseres Wissen Antibiotika zu verordnen. Eine Leitlinie hatte im Vereinigten Königreich nicht zum erhofften Rückgang derartiger Verschreibungen geführt. Jetzt plant das National Institute of Health and Care Excellence (NICE), Teams aus Ärzten, Zahnärzten und Apothekern einzusetzen. Sie werden gemeinsam Rezeptdaten analysieren und ihre Resultate an den individuellen Verordner kommunizieren. Patienten müssten ihre Einstellung ebenfalls ändern – gerade Eltern fordern von Pädiatern häufig Antibiotika, sollten Sprösslinge an Infektionen der oberen Atemwege leiden.