Weil sein rechtes Auge auffällig hervorgetreten ist, geht ein junger Mann zum Arzt. Die Schwellung ist enorm, wie Bilder des Patienten zeigen. Die Ursache überrascht die Ärzte.
Ein 22-jähriger Mann stellt sich mit einer Schwellung hinter dem oberen Augenlid und einer Protrusion des rechten Auges beim Arzt vor. Seine Eltern sind nicht miteinander verwandt, die Beschwerden bestehen seitdem der Patient sieben Jahre alt ist.
Schmerzen und verschlechtertes Sehvermögen
In den letzten sechs Monaten sei die Schwellung jedoch rapide gewachsen. Zeitgleich hat sich das Sehvermögen des jungen Mannes progredient verschlechtert. Zudem hat er Schmerzen, sein Auge ist gerötet und tränt. Durch die Schwellung ist der Augapfel des Mannes nach medial und kaudal verlagert.

In der klinischen Untersuchung sticht den Ärzten sofort ein 10x5 Zentimeter großer hyperpigmentierter Fleck mit Hypertrichose auf dem Rücken des Mannes ins Auge – möglicherweise ein Becker-Naevus?
Lichtblick in der neurologischen Untersuchung
In der neurologischen Untersuchung zeigt sich, dass der Visus im rechten Auge reduziert ist, während er im linken Auge normal ist. Darüber hinaus ist die Beweglichkeit des Augapfels rechtsseitig in allen Richtungen stark eingeschränkt. Die Pupillen sind beidseits isokor, rund und lichtreagibel. Die Untersuchung der Netzhaut ist in beiden Augen unauffällig, ebenso wie der restliche Hirnnervenstatus und die weitere neurologische Untersuchung. Um herauszufinden, worum es sich bei der gut tastbaren Schwellung handelt, lassen die Ärzte Röntgenaufnahmen anfertigen. Darauf sehen sie, dass es sich um mehr als nur einen Weichgewebsdefekt handelt. Denn es zeigt sich ein Defekt im Keilbeinflügel, wodurch die rechte Fissura orbitalis vergrößert ist.
Ungewöhnliche Hernie
In einer Ultraschalluntersuchung des Auges wird eine große retro-okulare Masse mit soliden und zystischen Bereichen und internen Septierungen sichtbar – möglicherweise herniertes Nervengewebe? CT und MRT-Aufnahmen bringen schließlich endgültig Licht ins Dunkel: Es bestätigt sich der Verdacht eines rechtsseitigen Defekts am Ala major des Sphenoids, durch den Teile des Temporallappens sowie Liquor in die rechte Orbita herniert sind – eine Enzephalozele.


Das erklärt auch die Protrusion des Augapfels inklusive Sehnerv und extraokulären Muskeln. Darüber hinaus zeigen sich eine diffuse Atrophie der rechten Hirnhemisphäre sowie multiple Suturaldefekte.
Defekt mit Folgen
Die Ärzte versorgen den Defekt anschließend chirurgisch, indem sie die Enzephalozele zunächst drainieren. Anschließend entfernen sie das fehlgebildete Hirngewebe, verschließen die Dura und reparieren den knöchernen Defekt. Postoperativ entwickelt der Patient eine Ptosis auf der rechten Seite.

Die Sehschärfe hat sich leicht verbessert, der Bewegungsbereich und das Gesichtsfeld bleiben jedoch eingeschränkt.
Text- und Bildquelle: © Sharma et al. / Asian J Neurosurg.
Bildquelle: voicesofhope, flickr