Ärzte einer französischen Klinik legen nun einen Fallbericht vor, in dem erstmals eine transplazentare Übertragung von SARS-CoV-2 dokumentiert ist.
Zwar gibt es zur vertikalen Übertragung des Coronavirus bereits andere Case Reports, doch keiner davon sei so eindeutig und berücksichtige so viele Aspekte, schreiben die Autoren. So sei in einigen Berichten nur von spezifischen Antikörpern, die im Neugeborenen festgestellt wurden, die Rede.
Andere wiesen zwar SARS-CoV-2 im Körper des Kindes nach, blieben aber unklar was den Übertragungsweg betrifft – erfolgte die Infektion über die Plazenta, das Fruchtwasser oder Blut von Mutter und Baby? Diese Faktoren seien bisher nicht systematisch getestet und Fragen somit nicht beantwortet worden, halten die Autoren fest.
Für ihren Fallbericht haben die Pariser Ärzte genau das getan. Ihre Patientin, eine 23-jährige Schwangere, wurde in der 35. Schwangerschaftswoche mit erhöhter Temperatur in der Klinik vorstellig. Über nasopharyngeale und vaginale Abstriche wurde eine Infektion mit SARS-CoV-2 nachgewiesen. Drei Tage nach Einlieferung wurde das Kind, ein Junge, wegen Unregelmäßigkeiten bei der Herzfrequenz per Kaiserschnitt geboren.
Die Ärzte entnahmen im weiteren Verlauf unter anderem nasopharyngeale, vaginale und rektale Abstriche sowie Proben von Plazenta, Blut und Lunge. Das Ergebnis: Sowohl E-, als auch S-Stränge von SARS-CoV-2 wurden in Mutter und Kind gefunden. Die Viruslast war im plazentaren Gewebe deutlich höher als in Fruchtwasser und Blut der Mutter.
Für eine tatsächliche Übertragung und gegen die Hypothese einer Kontamination unter der Geburt spricht auch, dass sich die Infektion des Neugeborenen in der Isolation unmittelbar nach Geburt weiter verstärkte. Das wiesen die Ärzte mittels RT-PCR-Kurven nasopharyngealer Abstriche nach.
Die Autoren halten drei Ergebnisse fest:
Die Pariser Ärzte betonen, dass in keinem anderen Fallbericht zu Schwangerschaft und SARS-CoV-2 alle diese Faktoren untersucht und dokumentiert wurden. Somit sei der Nachweis erfolgt, dass eine transplazentare Übertragung des Virus in der späten Schwangerschaft möglich sei, gefolgt von plazentarer Entzündung und neonataler Virämie. Neurologische Symptome könnten ebenfalls assoziiert sein.
Dr. Alexander Hein, Stellvertretender Direktor der Frauenklinik und leitender Oberarzt an der Universitätsklinikum Erlangen, sagt gegenüber dem Science Media Center dazu: „Insgesamt mehren sich Berichte über die Möglichkeit der Infektion der Kinder über die Plazenta. Daher müssen wir diesen Übertragungsweg bei erkrankten Schwangeren nun umso mehr berücksichtigen und eine intensive Überwachung in Betracht ziehen. Dennoch muss man festhalten, dass es sich nach aktueller Datenlage um ein sehr seltenes Ereignis handelt.“
Es sei unstrittig, dass Schwangere generell eine vulnerable und schützenswerte Patientengruppe darstellen. Die Erkenntnisse der französischen Ärzte mache aber erneut die schwierige Datenlage deutlich. „Während wir immer mehr systematisch erhobene Daten aus Antikörperstudien in Risikogebieten erhalten, fehlen diese Erkenntnisse für die vulnerable Gruppe der Schwangeren“, so Hein.
Die Mutter wurde 6 Tage nach der Geburt, das Kind nach 18 Tagen ohne Auffälligkeiten entlassen.
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Bildquelle: Bernd Klutsch, Unsplash