Der Widerstand der Ärzteschaft gegen das Impfen in der Apotheke scheint gebrochen: Bei „übergeordneten Gründen“ wie Durchimpfung der Bevölkerung gegen Grippe oder Corona dürfen wir nun wohl doch mit ins Boot.
Auch wenn die Pressemitteilung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) beim ersten Lesen anders wirkt: Der Widerstand der Ärzteschaft gegen die Grippeimpfung aus der Apotheke scheint gebrochen zu sein.
Mit „KBV stimmt ABDA zu: Impfen ist Ärzte-Sache“ ist die Mitteilung vom 2. Juli 2020 überschrieben. KBV-Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Gassen stimmt hierin Friedemann Schmitt, Präsident der ABDA, zu, der das Impfen originär als Angelegenheit der Ärzte und ganz zentrale Aufgabe vor allem von Kinder- und Hausärzten betrachtet.
Bei „übergeordneten Gründen“ wie „beispielsweise Massenimpfungen bei einer Durchimpfung der Bevölkerung“ gegen Grippe oder, ganz neu, Corona sieht Gassen allerdings die Apotheken nun doch mit im Boot. Im Mai 2019 war die Haltung der KBV zum Thema Grippeimpfung in der Apotheke noch eine ganz andere. KBV-Vizechef Dr. Stephan Hofmeister warnte sogar vor einer Gefährdung des Patientenwohls, sollten Apotheken die Impferlaubnis erhalten.
Die Ärzteschaft erscheint bei diesem Thema indes auch weiterhin uneins, denn entgegen der Äußerungen des KBV-Vorstandsvorsitzenden kann sich die Ärztekammer Westfalen-Lippe mit den Impfplänen der Apotheker weiterhin nicht anfreunden. Sie sehen nicht nur das Patientenwohl gefährdet, sondern machen sich offenbar zusätzlich Sorgen, wie es um die hygienischen Bedingungen in den Apothekenräumen bestellt ist.
Der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL), Dr. Hans-Albert Gehle, befürchtet offenbar ein „Impfen am Verkaufstresen“. Er ist sich nicht sicher, dass „die nötigen Hygienevorschriften sowie die Privatsphäre der Patienten“ in den Apotheken, im Gegensatz zu den Arztpraxen, eingehalten werden können. Das klingt wenig wertschätzend und birgt einiges an sprichwörtlichem Sprengstoff.
Doch ob die Ärzte nun dafür sind oder dagegen – die Grippeimpfung in der Apotheke wird kommen. Die Möglichkeit dazu bereitete das am 01. März 2020 in Kraft getretene Masernschutzgesetz, das einen entsprechenden Passus enthält. Das Modellvorhaben wird bereits ab diesem Herbst umgesetzt, darauf haben sich nun die AOK Rheinland/Hamburg und der Apothekerverband Nordrhein geeinigt. Die entsprechenden Leitlinien und Arbeitshilfen der ABDA wurden im Juni 2020 veröffentlicht.
In einer Apotheke dürfen sich nur Personen gegen Grippe impfen lassen, die
Und auch der Impfende muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Denn in Apotheken darf nur approbiertes Personal zur Spritze greifen, das durch eine entsprechende Fortbildung auch dazu qualifiziert wurde. Ebenso gelten, entgegen aller Befürchtungen, selbstverständlich auch für die Impfräume entsprechende Vorschriften zu Diskretion und Hygiene. Es steht jedenfalls nicht zu befürchten, dass direkt am Handverkaufstisch die Nadel angesetzt wird.
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