Eine junge Laborantin verletzt sich bei der Arbeit versehentlich mit einer spitzen Pinzette. Das Fatale: Sie arbeitete mit Gehirnproben von Mäusen, die an einer Form von BSE erkrankt waren.
Wie Mediziner in einem Case Report im New England Journal of Medicine berichten, wurde einer jungen Frau in Frankreich ein Laborunfall offenbar zum Verhängnis. In dem Bericht schildern sie den Fall einer 24-Jährigen, die im Mai 2010 in einem Prionen-Forschungslabor gearbeitetet hat. Die Frau hantierte mit gefrorenen Gehirnproben von Mäusen, die an einer Form der bovinen spongiformen Enzephalopathie (BSE) erkrankt waren. Dabei stach sie sich mit einer Pinzette durch zwei Lagen Latex-Handschuhe in den Daumen und bemerkte, dass die Einstichstelle blutete. Welche Maßnahmen unmittelbar danach getroffen wurden, geht aus dem Report nicht hervor.
Etwa sieben Jahre später, im November 2017, klagt die jetzt 32-Jährige über brennende Schmerzen im Nacken und in der rechten Schulter. Der Schmerz verschlimmert sich in den nächsten sechs Monaten zusehends und breitet sich über die rechte Körperhälfte aus. Im Liquor der Patientin können die Ärzte zu diesem Zeitpunkt nichts Ungewöhnliches feststellen. Auf MRT-Aufnahmen des Kopfes ist allerdings ein leicht verstärktes FLAIR-Signal in den Bereichen des Nucleus caudatus und der Nuclei mediales thalami zu erkennen, was auf Läsionen hindeutet.
Im Januar 2019 verschlechtert sich der Zustand der Patientin. Sie wird depressiv, ängstlich, leidet an Gedächtnisstörungen sowie visuellen Halluzinationen. Das FLAIR-Signal auf MRT-Aufnahmen ist nun verstärkt im Pulvinar des Thalamus erkennbar, ein typisches Zeichen für die neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (nvCJD). Im März können die Ärzte schließlich auch abnormale Prionen im Blut und Liqour der Patientin detektieren. 19 Monate nach Einsetzen der ersten Symptome stirbt sie.
Nur rund 200 Fälle von nvCJD sind bekannt. Meist war der Auslöser der Verzehr von mit BSE verseuchtem Rindfleisch. Dabei gelangen pathologische Prionen mit der Nahrung über den Mund in den Darm. Die Prionen sind sehr resistent gegenüber Magensäure und Verdauungsenzymen. Sie treten vermutlich über die Peyer-Plaques in den Körper ein und vermehren sich dort. Anschließend erfolgt die Invasion des ZNS.
Die Mediziner gehen allerdings davon aus, dass sich die Patientin bei dem Stich mit einer kontaminierten Pinzette angesteckt hat. Die 7,5-jährige Verzögerung zwischen dem Laborunfall und dem Auftreten erster klinischer Symptome stimme mit der Inkubationszeit bei der übertragenen Form der Krankheit überein. Die Autoren erwähnen in dem Zusammenhang einen ähnlichen Fall aus Italien, bei dem sich ein Mann ebenfalls mit nvCJD bei der Laborarbeit infiziert hatte. „Solche Fälle unterstreichen die Notwendigkeit von Verbesserungen bei der Prävention der Übertragung von vCJK, die Menschen in Laboren befallen kann“, schlussfolgern die Autoren.
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