Die Besiedlung des Thymus durch Vorläuferzellen aus dem Knochenmark stellt einen möglichen Flaschenhals des Regenerationsprozesses dar. Dabei können immer nur zehn Zellen einen der 160 Plätze für zehn bis zwölf Tage belegen, bevor sie für neue Vorläufer zur Verfügung stehen.
Im Gegensatz zu anderen Immunzellen machen Vorläuferzellen im Rahmen ihrer Reifung zu T-Lymphozyten (T-Zellen) einen Umweg vom Knochenmark über den Thymus. Dort lernen die T-Vorläuferzellen, nur körperfremde Erreger wie Viren oder Bakterien zu bekämpfen und nicht das körpereigene Gewebe als fremd zu erkennen.
Das Team um Prof. Dr. Andreas Krueger vom Institut für Immunologie der Medizinischen Hochschule Hannover, hat aufgeklärt, wie viele T-Vorläuferzellen täglich in den Thymus wandern und für wie viele Zellen dort Platz ist. „Im Thymus der Maus gibt es ungefähr 160 Plätze für frische Vorläuferzellen aus dem Knochenmark; davon sind im Durchschnitt 150 Plätze tatsächlich immer besetzt. Das heißt, dass nur etwa zehn Zellen auf einmal in den Thymus aufgenommen werden. Wir konnten zeigen, dass jeder einzelne Platz für zehn bis zwölf Tage besetzt bleibt, bevor er für einen neuen Vorläufer zur Verfügung steht“, sagt Krueger. Eine Lichtscheiben-Mikroskopie, die die dreidimensionale Darstellung und Messung von anatomischen Strukturen in vollständigen Organen wie dem Thymus erlaubt. © MHH/Krueger Eine Maus produziert täglich zehn Millionen frische T-Zellen im Thymus, der aus etwa 200 Millionen Zellen besteht. Da in diesem Zellgewirr die wenigen T-Vorläuferzellen nicht direkt gezählt werden können, entwickelten die Forscher eine Methode aus der Infektionsbiologie weiter, bei der mit fluoreszierenden Zellen nachgewiesen werden kann, wie viele Mikroorganismen einen Organismus befallen haben. „Wir injizierten einen Mix aus unterschiedlich markierten T-Vorläuferzellen und bestimmten mit einem speziell entwickelten mathematischen Modell, wie viele dieser Zellen den Prozess der T-Zell-Reifung durchlaufen haben. Dabei stellten wir fest, dass nur etwa zehn T-Vorläuferzellen auf einmal in den Thymus gelangen“, erklärt Krueger.
Ein wichtiger Aspekt der Stammzelltransplantation ist das Schaffen von Platz für Spenderzellen durch eine Konditionierungstherapie, zum Beispiel durch Bestrahlung. Eine solche Therapie könnte aber auch zu Gewebeschädigungen führen, die eine Besiedlung des Thymus erschwert. „Unsere Experimente deuten tatsächlich daraufhin, dass eine entsprechende Bestrahlung alle verfügbaren Plätze im Thymus für Spenderzellen zugänglich macht“, sagt Krueger. „Als Nächstes wollen wir nun untersuchen, ob und wie sich der Flaschenhals Thymusbesiedlung im Alter verändert.“ Originalpublikation: Multicongenic fate mapping quantification of dynamics of thymus colonization Natalia Ziętara et al.; The Journal of Experimental Medicine, doi:10.1084/jem.20142143; 2015