Warum erkranken manche Personen schwerer an COVID-19 als andere? Könnte die Blutgruppe ein Faktor sein? Darauf weisen die Ergebnisse einer aktuellen Studie hin.
Für die genomweite Assoziationsstudie isolierten die Wissenschaftler die DNA der Studienteilnehmer aus Blutproben und führten anschließend die Analysen durch. Einbezogen wurden 1.610 schwer an COVID-19 erkrankte Patienten aus Italien und Spanien, die mit Sauerstoff behandelt wurden oder an ein Beatmungsgerät angeschlossen waren. Zur Kontrolle wurde ebenfalls die DNA von mehr als 2.200 zufällig ausgewählten Männern und Frauen analysiert.
Hierbei konnten die Wissenschaftler Genvarianten finden, die den Verlauf von COVID-19 deutlich beeinflussen. Eine dieser Varianten betrifft den AB0-Blutgruppen-Lokus. So zeigte sich, dass Menschen mit der Blutgruppe A ein um etwa 50 Prozent höheres Risiko für einen schweren Verlauf von COVID-19 aufweisen als Personen mit anderen Blutgruppen.
Menschen mit der Blutgruppe 0 hingegen haben gegenüber Personen mit anderen Blutgruppen ein um etwa 50 Prozent geringeres Risiko schwer an COVID-19 zu erkranken.
Die Ergebnisse dieser Studie decken sich mit den Ergebnissen zweier serologischer Studien, die als Preprints veröffentlicht wurden. In diesen wurde ebenfalls von einem Einfluss der Blutgruppen auf die Schwere des Verlaufs von COVID-19 berichtet.
Dass Blutgruppen bei Infektionskrankheiten eine Rolle spielen, ist indes schon länger bekannt. Und auch bei SARS wurde ein Zusammenhang zwischen den Blutgruppen der Patienten und der Schwere der Infektion hergestellt.
So hatten Wissenschaftler 2005 in einer Publikation ebenfalls beschrieben, dass die Blutgruppe 0 mit einer geringeren Anfälligkeit für SARS-Infektionen assoziiert war.
Weiter unklar bleibt hingegen, warum genau die verschiedenen Blutgruppen zu unterschiedlich schweren Verläufen führen. Dies merken auch die Autoren der aktuellen Studie an. Eine Vermutung ist, dass die biologischen Mechanismen, denen diese Ergebnisse zugrunde liegen, direkt auf die AB0-Gruppen zurückzuführen sind, zum Beispiel durch die Entwicklung neutralisierender Antikörper gegen proteingebundene N-Glykane. Doch die genauen Ursachen müssen durch weitere Analysen untersucht werden.
Und auch weitere Ergebnisse der aktuellen Studie bedürfen noch zusätzlicher Untersuchungen. So konnten die Wissenschaftler neben dem AB0-Lokus noch einen weiteren Lokus identifizieren, der auf die Schwere einer SARS-CoV-2-Infektion einen Einfluss zu haben scheint. Dieser liegt auf Chromosom 3 und hat den Forschern zufolge sogar noch eine höhere Effektstärke.
Der betroffene Chromosomenabschnitt überspannt die Gene SLC6A20, LZTFL1, CCR9, FYCO1, CXCR6 und XCR. Nach Angaben der Wissenschaftler weisen einige dieser Gene Funktionen auf, die für den Verlauf von SARS-CoV-2 relevant sein könnten. Welches Gen für das gefundene Signal ursächlich verantwortlich ist, wissen die Forscher allerdings noch nicht.
So schlussfolgern die Forscher auch, dass weitere Analysen der aktuellen Befunde, sowohl hinsichtlich ihrer Nützlichkeit für die klinische Risikoprofilierung von Patienten mit COVID-19 als auch im Hinblick auf ein mechanistisches Verständnis der zugrunde liegenden Pathophysiologie nötig und gerechtfertigt sind.
Quellen: © N Rösner / UKSH // Ellinghaus D et al. / NEJM
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