Schlaganfall, Herzinfarkt oder Lungenembolie können die Folgen einer Thrombose sein. Einige Patienten sind gefährdet, weil sie auf Blutverdünner anders als erwartet reagieren. ©panthermedia.net/ rasslava
Wie ist denn eigentlich der aktuelle Stand der Forschung, was kann man anhand der Thrombozyten alles herausfinden? Sickmann: Man weiß sehr viel über ihre Aktivierung und Inhibierung. Es gibt auch eine ganze Reihe von Medikamenten, die dort eingreifen, aber auf diese sprechen nicht alle Patienten gleichermaßen an. Deshalb ist auch die Subklassifizierung auf Basis der verschiedenen Blutfaktoren, die wir anstreben, sehr sinnvoll, um Patienten individuell therapieren zu können. Im Moment gibt es eben nur eine Handvoll Werte, nach denen die Patienten klassifiziert werden, und das reicht nicht. Also weiß man im Grunde genommen nicht viel darüber, wie gesunde Thrombozyten aussehen, was die Normbereiche sind und was die Risiken letztendlich ausmacht. Sickmann: Die Normbereiche der meisten thrombozytären Proteine kennt man letztendlich nicht. Es ist auch eines unserer Ziele, diese Bereiche zu bestimmen, denn ohne Normen können wir keine aussagekräftigen Messungen machen. Das wollen wir über eine größere Anzahl von gesunden, oder eher unauffälligen, Probanden erreichen. Wenn Sie an die Standarddiagnostik der entsprechenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen denken, was wäre der Mehrwert einer thrombozytenbasierten Diagnostik? Sickmann: In der Diagnostik wird häufig nur die Aktivierungszeit der Thrombozyten gemessen. Daran erkennt man zwar, dass die Gerinnungszeit länger oder kürzer ist als normalerweise, aber nicht, was das Problem verursacht. Es könnte zum Beispiel ein Signalweg in den Thrombozyten nicht so funktionieren, wie er sollte. Wenn wir die einzelnen Komponenten der Thombozyten-Aktivierung bestimmen können, indem wir die Diagnostik mit biochemischen oder biomedizinischen Grundlagen kombinieren, können wir eventuell auch sofort einen Therapievorschlag machen, der an der richtigen Stelle eingreift. Viele Menschen nehmen zur Blutverdünnung zum Beispiel Aspirin. Manche vertragen den Wirkstoff nicht gut oder er wird bei ihnen schneller oder langsamer metabolisiert. Dann könnte man zum Beispiel einen anderen Inhibitor wählen, den der Organismus besser verarbeitet.