Fluoxetin bietet sich möglicherweise als Mittel zur Behandlung von COVID-19 an. In Laborversuchen hemmte es die Vermehrung von SARS-CoV-2 deutlich.
Seit mehr als vier Jahrzehnten wird der Wirkstoff Fluoxetin beim Menschen zur Behandlung von Depressionen und weiteren psychischen Erkrankungen eingesetzt. Jetzt könnte das Medikament auch im Kampf gegen COVID-19 zum Einsatz kommen.
Wie eine Studie von Virologen und Chemikern der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) zeigt, hemmt Fluoxetin die Vermehrung der Viren vom Typ SARS-CoV-2 deutlich. Nach Ansicht der Wissenschaftler bietet es sich deshalb vor allem zur frühen Behandlung von infizierten Patienten an, die einer der bekannten Risikogruppen angehören.
Verantwortlich für diese Studie sind Prof. Jochen Bodem und sein Team vom Institut für Virologie und Immunbiologie der JMU; unterstützt wurden sie von Chemikern. Die Ergebnisse ihrer Arbeit haben sie jetzt auf dem Preprint-Server bioRxiv veröffentlicht.
„Wir haben uns in unseren Untersuchungen auf bereits zugelassene Medikamente konzentriert und erforscht, ob diese sich als wirksame Inhibitoren von SARS-CoV-2 eignen“, erklärt Bodem.
Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) standen im Mittelpunkt einer der Studien. SSRI bilden eine der bedeutendsten Wirkstoffgruppen gegen Depressionen und weitere psychische Erkrankungen. Fluoxetin beispielsweise wurde in den 1970 Jahren in Kliniken eingeführt und ist ein sehr gut erforschtes Medikament.
Im Labor haben die Wissenschaftler nun menschliche Zellen mit dem Wirkstoff in Kontakt gebracht in Konzentrationen, die üblicherweise bei der Therapie von Depressionen erreicht werden. Anschließend wurden die Zellen mit SARS-CoV-2 infiziert.
Nach einigen Tagen wurde die Auswirkung auf das Virus kontrolliert. Die Ergebnisse sind vielversprechend: „Fluoxetin hemmt SARS-CoV-2 bereits in einer sehr geringen Konzentration“, sagt Bodem.
Verantwortlich dafür scheint allerdings nicht die eigentliche Aufgabe von Fluoxetin zu sein – der Eingriff in den Serotonin-Wiederaufnahme-Prozess. Dafür spricht unter anderem die Tatsache, dass in der Studie andere Medikamente aus der Gruppe der SSRI wie Paroxetin und Escitalopram die Vermehrung von SARS-CoV-2 nicht behinderten.
Die antivirale Wirkung hängt also nicht mit dem Serotonin-Wiederaufnahme-Rezeptor zusammenhängt. Stattdessen hemmt Fluoxetin die Proteinexpression in dem Virus, wie Untersuchungen mit Immunfluoreszenz an einem vom Patienten gewonnenen Antiserum zeigten. Es hindert damit das Virus daran, die Bausteine zu bilden, die es für seine Vermehrung in der menschlichen Zelle benötigt.
Was die Studie ebenfalls zeigt: Fluoxetin wirkt sehr speziell auf Viren vom Typ SARS-CoV-2. Bei anderen Viren, wie etwa dem Tollwutvirus, dem Humanen Respiratorischen Synzytial-Virus, dem humanen Herpesvirus 8 oder dem Herpes-simplex-Virus Typ 1, konnten die Wissenschaftler keine Effekte beobachten. „Es spricht also alles dafür, dass Fluoxetin virusspezifisch wirkt, dennoch muss die Wirkung im Erkrankten bestätigt werden“, so der Virologe.
Aus Sicht der Wissenschaftler spricht vieles dafür, Fluoxetin bei der frühen Behandlung von SARS-CoV-2-infizierten Patienten einzusetzen:
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.
Bildquelle: Clay Banks, unsplash