Auf welche Weise entzieht sich das Hepatitis-B-Virus der Abwehr durch das Immunsystem? Darauf gibt es nun erste mögliche Antworten.
Das angeborene Immunsystem ist nach der Infektion durch Viren und andere Krankheitserreger die erste Verteidigungslinie. Molekulare Muster, die für Erreger typisch sind, sogenannte pathogenassoziierte molekulare Muster (PAMP), werden von zellulären Pathogenerkennungsrezeptoren (PRR) erkannt. Dadurch werden Signalwege ausgelöst, die zu immunologischen Abwehrreaktionen des Körpers führen. Solche molekularen Muster sind bei Virusinfektionen häufig die genetische Information des Virus – RNA (Ribonukleinsäure) oder DNA (Desoxyribonukleinsäure). Doch auch die Erreger haben „dazugelernt“ und Strategien entwickelt, um den Abwehrmechanismen zu entkommen. Dazu gehört die Hemmung von Signalwegen der angeborenen Immunantwort durch virale Proteine ebenso wie die Abschirmung des viralen Genoms vor den „Sensoren“ des Immunsystems.
Obwohl die Erkrankung lange bekannt ist, beschränkt sich die Behandlung einer chronischen HBV-Infektion nach wie vor darauf, durch dauerhafte Einnahme von Virusstatika die Viruslast niedrig und die gesundheitlichen Auswirkungen möglichst gering zu halten. Eine kurative Behandlung steht nicht zur Verfügung. Es wird angenommen, dass hierfür neben der Senkung der Viruslast die Stimulierung spezifischer Immunzellen gegen HBV erforderlich wäre. Um dies zu ermöglichen, muss besser als bisher verstanden werden, wie sich das Hepatitis-B-Virus der erfolgreichen Abwehr des Immunsystems entzieht.
Die genetische Information des HBV liegt als DNA und auf dem Weg zu neuen Viruspartikeln auch als RNA vor. Sowohl die RNA als auch die DNA des HBV sind potenzielle pathogenassoziierte molekulare Muster, die vom Immunsystem erkannt werden könnten. Das Forscherteam untersuchte daher das immunstimulierende Potenzial der reinen HBV-DNA und -RNA in bestimmten Immunzellen, den von Monozyten abgeleiteten dendritischen Zellen (MDDCs). Dabei konnten sie erstmalig zeigen, dass HBV-RNA nicht immunstimulierend ist, HBV-DNA dagegen schon. Über einen bestimmten Signalweg, der auch in Hepatozyten vorhanden ist, ruft die HBV-DNA eine starke angeborene Immunantwort hervor.
Gleichzeitig wies das Forscherteam nach, dass dieser Signalweg bei einer manifesten HBV-Infektion nicht aktiviert wird, obwohl das Virus ihn – darauf deuten die Daten hin – nicht aktiv unterdrückt. Die Wissenschaftlervermuten, dass die virale DNA vom Kapsid – der Hülle des Virus – vor der Erkennung durch das Immunsystem geschützt wird. Ein denkbarer Ansatz, das Immunsystem für die Abwehr des HBV wachzurütteln, könnte sein, die Kapsidstruktur des Virus zu beschädigen und so die Virus-DNA „sichtbar“ zu machen.
Der vollständige Artikel wurde im Journal Viruses veröffentlicht und kann hier nachgelesen werden. Zur vollständigen Pressemitteilung des Paul-Ehrlich-Instituts geht es hier.
Bildquelle: Claudel Rheault, unsplash