The same procedure as every year: Kaum naht die nächste Grippewelle, zeigen sich völlig überraschende Defizite beim Impfschutz. Behörden lancieren erneut eine Kampagne – mit ungewissem Erfolg. Öffentliche Apotheken haben sie kaum im Blick.
Bekanntlich führen Influenza-Infektionen bei Schwangeren, Senioren und Menschen mit chronischen Erkrankungen zu den schwersten Komplikationen. Die Arbeitsgemeinschaft Influenza am Robert Koch-Institut berichtet von 6,2 Millionen zusätzlichen Arztbesuchen und 31.000 Krankenhauseinweisungen - ein vermeidbares Übel, sollten sich Menschen impfen lassen.
Experten der Weltgesundheitsorganisation WHO fordern speziell für Risikogruppen eine Durchimpfung von mindestens 75 Prozent. Davon ist Deutschland weit entfernt, wie aktuelle Zahlen des Robert Koch-Instituts zeigen. So waren in 2013/14 nur 49 Prozent aller Menschen über 60 geschützt. Bei chronisch Kranken zwischen 18 und 59 Jahren lag die Quote im gleichen Zeitraum bei 23 Prozent. Zu den Gründen selbst: Viele Risikopatienten sind misstrauisch hinsichtlich der Impfung. Jeder zweite Befragte befürchtete sogar Erkrankungen durch die Vakzine. Gleichzeitig unterschätzten Bürger mögliche Folgen einer Influenza-Infektion – sie denken eher an grippale Infekte als an schwerwiegende Symptome.
Derart eklatante Wissenslücken lassen sich nicht von heute auf morgen schließen. Groß angelegte Kampagnen sind zumindest ein Schritt in die richtige Richtung. Unter dem Motto „Wir kommen der Grippe zuvor“ informieren die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und das RKI Bürger, wie wichtig Influenza-Schutzimpfungen sind. BZgA-Chefin Dr. Heidrun Thaiss: „Der wichtigste Ansprechpartner bei der Impfaufklärung ist das medizinische Personal.“ Hat sie da nicht jemanden vergessen?
Tatsächlich eignen sich öffentliche Apotheken besser, um viele Menschen zu erreichen. Ihre Leistungen sind deutlich niedrigschwelliger als bei Arztpraxen – kein Termin, kaum Wartezeit. Und mit einer Milliarde Patientenkontakte (2014) stellen pharmazeutische Teams wichtige Multiplikatoren dar. Grund genug für Schweizer Gesundheitsbehörden, Apothekern im Kanton Zürich die Möglichkeit zu geben, selbst Grippeschutzimpfungen durchzuführen: ein Modell auch für Deutschland.