Wissenschaftler bringen Iodmangel mit verminderter Fruchtbarkeit in Verbindung. Eine aktuelle US-Studie liefert dazu neue Hinweise. Bei Frauen, die einen mittleren bis schweren Iodmangel hatten, war die Fruchtbarkeit um 46 Prozent verringert.
„Jede Schwangerschaft ist ein Stresstest für die Schilddrüse“, sagt Professor Matthias Schmidt vom Universitätsklinikum Köln. Gerade in den ersten Wochen muss die Mutter Hormone für das Kind mitproduzieren. Später ist auch die Schilddrüse des Fötus auf die mütterliche Iodidzufuhr angewiesen. Ergänzend zur Ernährung rät er Schwangeren deshalb, täglich 150 μg Iodid einzunehmen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) nennt als empfohlene Tageszufuhr 230 μg Iodid pro Tag. Gynäkologen und Apotheker empfehlen werdenden Müttern geeignete Präparate. Für Frauen mit Kinderwunsch stehen ebenfalls Iodid-haltige Supplemente bereit. Aber nicht nur werdende Mütter haben häufig ein Problem mit dem Iodhaushalt. Auch für einen unerfüllten Kinderwunsch kann Iodmangel die Ursache sein. Zyklusstörungen und Unfruchtbarkeit durch Störungen bei der Eireifung und Einnistung des befruchteten Eies in die Gebärmutterschleimhaut werden damit in Verbindung gebracht. James Louis Mills (US National Institutes of Health) hat untersucht, in welchem Ausmaß ein Iodmangel die Empfängniswahrscheinlichkeit verringert.
Die Kohorte umfasste 501 Frauen, die sich Kinder wünschten. Sie hatten vor Studienbeginn maximal zwei Monate auf Empfängnisverhütung verzichtet und in den letzten zwölf Monaten keine „Verhütungsspritze“ bekommen. Außerdem gaben sie an, einen regelmäßigen Zyklus zu haben. Alle Teilnehmerinnen waren in einer festen Partnerschaft. Mills und Kollegen bestimmten zuerst, welchen Iodid-Status die Teilnehmerinnen hatten. Basis waren Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO für Messwerte im Urin:
Das Protokoll sah vor, regelmäßig Fragebögen über den Lebensstil, den Geschlechtsverkehr, den Zyklus und über Schwangerschaftstests auszufüllen. Frauen verwendeten außerdem einen kommerziellen Urintest als Fruchtbarkeitsmonitor, um den richtigen Zeitpunkt für Sex abzupassen. Weitere Kovarianten, nämlich der Body-Mass-Index, der Nikotinkonsum, das Alter und bekannte Schilddrüsenerkrankungen, wurden ebenfalls erfasst.
Von 501 Frauen wurden 467 (93 Prozent) in die Untersuchungen miteinbezogen, die anderen 35 Frauen hatten nicht genügend Urin-Proben für Analysen zur Verfügung gestellt. Während eines Jahres wurden 332 Frauen (71 Prozent) schwanger; für 47 (10 Prozent) erfüllte sich der Wunsch nicht, und 88 (19 Prozent) zogen ihre Einwilligung zurück bzw. meldeten sich nicht mehr beim Studienteam. Die Iodidkonzentration im Urin war bei 260 Probandinnen (55,7 Prozent) im Normalbereich. Bei 102 Frauen (21,8 Prozent) stellten die Forscher einen leichten Mangel fest, bei 97 (20,8 Prozent) einen mittelschweren und bei 8 (1,7 Prozent) einen schweren. Laut Mills stand der Iodidstatus mit keinen sonstigen Kovarianten, wie etwa dem BMI, dem Bildungsstatus oder dem Nikotinkonsum in Verbindung. Aus seinen Messwerten errechnete er den Iod-Kreatinin-Quotienten, um altersunabhängige Werte zu bekommen. Bei einem Iod-Kreatinin-Verhältnis von unter 50 μg / g, was einem mittleren bis schweren Iodmangel entspricht, verringerte sich die Fruchtbarkeit um 46 Prozent. Als Vergleich zog der Erstautor Frauen mit normalen Werten heran (150 µg/g).
Für die Arbeit hat Mills Paare, die eine Schwangerschaft planen, per Brief und dann per Telefoninterview kontaktiert. Hier liegt eine mögliche Schwäche: Waren Frauen, die bereits vor der abgefragten Zwei-Monats-Periode erfolglos versucht hatten, schwanger zu werden, eher bereit, an Untersuchungen teilzunehmen? Gleichzeitig zeigen Kohortenstudien nur Assoziationen, aber keine Kausalitäten. Auch die Stichprobengröße ist relativ klein. Und im Bereich Ernährung hat Mills nur Koffein beziehungsweise Alkohol abgefragt. Nicht zuletzt bleibt offen, welche Einflussfaktoren physischer oder psychischer Natur vielleicht eine Rolle gespielt haben. Die Studienzeit ist mit zwölf Monaten ebenfalls recht knapp bemessen.