Am Sonntag war „Tag der Apotheke“ – mitbekommen haben das aber nur Wenige. Und die ABDA verkündete, quasi zur Feier des Tages, beängstigend niedrige Apothekenzahlen.
Es klingt paradox: Noch nie haben die Apotheken vor Ort so viel positives Feedback von Politik und Bevölkerung bekommen und gleichzeitig gab es dort noch nie derartige Umsatzeinbrüche. Die Zahlen der Betriebe sind rückläufig und die Mitarbeiter haben Angst vor der Zukunft. Die Corona-Krise könnte sich als einer der sprichwörtlichen Sargnägel entpuppen.
Am Sonntag, 07. Juni 2020, war der „Tag der Apotheke“, den die ABDA jedes Jahr ausruft. Und wie in jedem Jahr ist er quasi verpufft. Ich frage mich, ob ihn außer einer Handvoll Apotheker überhaupt jemand wahrgenommen hat. Das ist in den heutigen Zeiten unverantwortlich und im Grunde beschämend.
Wie hätten die Apotheken vor Ort da glänzen können! Vor nicht allzu langer Zeit dankte ein großer Teil der Bevölkerung auch ihnen mit einem täglichen Applaus vom Balkon aus. Jetzt verschwindet die Vor-Ort-Apotheke langsam wieder aus dem Bewusstsein der Menschen.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief im April noch in Apotheken an, um ihnen persönlich für den Einsatz in der Krise zu danken. Auch Gesundheitsminister Jens Spahn, der nicht gerade als großer Freund der Apotheken vor Ort bekannt ist, dankte ihnen in einem Brief.
Doch wie steht es nun um die Helfer in der Not? Die ABDA veröffentlichte am 04. Juni 2020 neue Zahlen, die dem widersprechen, was sich in den Köpfen der Bevölkerung als Wahrheit festgesetzt hat. Es gibt nämlich nicht mehr Apotheken als Bäckereien, wie immer wieder polemisiert wird. Inzwischen stehen rund 49.000 Bäckereiverkaufsstellen nur noch 18.987 Apothekenbetriebsstätten gegenüber. Ein historischer Tiefstand.
Doch warum gibt es diesen anhaltenden Negativtrend, und was verstärkt ihn? Sicher, der Fachkräftemangel ist einer der Hauptschuldigen. Die Vergütung der meisten Angestellten lässt Luft nach oben, doch viele Inhaber können sich tatsächlich nicht mehr leisten. Einen großen Teil der Pharmaziestudenten zieht es daher nach erfolgreichem Abschluss in die Industrie. Zudem finden sich in größeren Städten mit Ärztehäusern meistens mehrere Apotheken in direktem Umfeld, dafür fehlen sie in den ländlichen Bezirken. Wo die Ärzte wegziehen, da geben früher oder später auch die Apotheken auf.
Ein weiteres größeres Problem ist der Online-Handel von Medikamenten aus dem Ausland. Als Beispiel sei hier die Shop-Apotheke genannt, die durch die Coronapandemie beispiellos profitierte. Sie konnte den Konzernumsatz im ersten Quartal um 33 % auf 232,0 Mio. Euro und die Zahl ihrer aktiven Kunden in den ersten drei Monaten des Jahres 2020 um 300.000 auf 5 Mio. steigern.
Das sind 1 Mio. Kunden oder auch 25 % mehr im Vergleich zum Vorjahr. Und das alles ohne die von Spahn in seinem Brief erwähnte „Verbindung von pharmakologischer Arzneimittelkenntnis und technologischer Herstellungspraxis“. Desinfektionsmittel waren dort nämlich schlicht ausverkauft, als die Apotheken vor Ort sich bemühten, in ihren Laboren mit der Herstellung nachzukommen.
Doch warum dann dieser extreme Zulauf? Zum großen Teil wird es daran liegen, dass versäumt wurde, immer wieder darauf hinzuweisen, dass in vielen Vor-Ort Apotheken auch kontaktlos per Internet bestellt und bezahlt werden kann. Auch dass der Botendienst die bestellte Ware deutlich schneller als ein ausländischer Versender liefert, wurde und wird zu wenig kommuniziert. Und dasselbe Problem wird die Apotheken vor Ort vermutlich lahmlegen, wenn das E-Rezept da ist.
Daher ist der „Tag der Apotheke“, der so still vorübergezogen ist, einfach nur ein weiterer trauriger Tag für alle, die der Apotheke mehr wünschen als nur einen Applaus am offenen Fenster. Viele Mitarbeiter machen sich ob der genannten Zahlen der ABDA Sorgen. Sie fragen sich, wo die staatliche Hilfe bleibt, denn für die Lufthansa wird auch nicht nur applaudiert. Und die dient weit weniger hehren Zielen als der wohnortnahen und schnellen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und Medizinprodukten.
Bildquelle: Yvette de Wit, Unsplash