Weltweit wurden die Behandlungskosten und Produktivitätsverluste in Folge von Zahnerkrankungen ausgewertet. Das Ergebnis: Bessere Gesundheitsförderung, Prävention und Früherkennung von Erkrankungen im Zahn-, Mund- und Kieferbereich sind dringend erforderlich.
Karies, Parodontitis und Zahnverlust verursachen weltweit jedes Jahr Milliardenkosten und finanzielle Einbußen, wie ein internationales Wissenschaftlerteam unter Leitung von Professor Dr. Dr. Stefan Listl, Poliklinik für Zahnerhaltungskunde des Universitätsklinikums Heidelberg, nun ermittelt hat. Allein die Behandlungskosten liegen weltweit bei rund 298 Milliarden US-Dollar jährlich. Dazu kommen pro Jahr sogenannte Produktivitätsverluste am Arbeitsmarkt, z. B. bedingt durch Fehltage, in einer Größenordnung von geschätzt 144 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Im gleichen Berechnungszeitraum wurden die Behandlungskosten für Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf 474 Milliarden US-Dollar und für Diabetes auf 376 Milliarden US-Dollar geschätzt.
„Laut Weltgesundheitsorganisation zählen Erkrankungen der Zähne weltweit zu den häufigsten chronischen Erkrankungen überhaupt. Abgesehen von negativen Auswirkungen auf die Lebensqualität ist die Behandlung sehr teuer. Dabei wäre ein Großteil dieser Erkrankungen durch Prävention vermeidbar", erklärt Listl. „Mehr und bessere Maßnahmen zur Gesundheitsförderung, Prävention und Früherkennung von Erkrankungen im Zahn-, Mund- und Kieferbereich sind daher weltweit von hoher gesellschaftlicher Relevanz. Der Mund- und Zahngesundheit muss dringend mehr Beachtung geschenkt werden.“ Für die Studie werteten die Wissenschaftler mehrere Datenquellen aus, darunter u.a. die Global Health Expenditure Database der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Global Burden of Disease Study 2010. Für Länder ohne Angaben zu Behandlungskosten wurden diese anhand der Informationen aus Nachbarländern geschätzt. Zur Ermittlung der Produktivitätsverluste zogen die Wissenschaftler ein spezielles, von der WHO vorgeschlagenes Verfahren heran, mit dem u. a. Fehlzeiten am Arbeitsplatz aufgrund von Zahnschmerzen bzw. Zahnbehandlungen durch krankheitsbedingte Abschläge vom Bruttoinlandsprodukt pro Kopf des jeweiligen Landes quantifiziert werden können. „Unsere Ergebnisse sind freilich nur Schätzungen und bei der Interpretation ist etwas Vorsicht angebracht“, erklärt Listl. „Allerdings sind solche Schätzungen auch für andere Erkrankungen, wie z. B. Krebserkrankungen, üblich.“
Er erklärt: „Es gibt Bedarf an praktikablen Konzepten für eine noch mehr auf Prävention ausgerichtete zahnärztliche Versorgung. Sinnvoll könnten z. B. Überlegungen sein, in der zahnärztlichen Vergütung vermehrt Anreize für Gesundheitsförderung und Vorbeugung zu setzen.“ Global economic impact of dental diseases. Stefan Listl et al.; Journal of Dental Research, doi:10.1177/0022034515602879; 2015