In Paris haben sich während der Corona-Pandemie die Fälle von plötzlichem Herzstillstand außerhalb der Kliniken verdoppelt. Das berichten französische Kardiologen in einer Studie, die jetzt in The Lancet erschienen ist.
Die Mediziner analysierten in ihrer Studie Daten für nicht traumatische plötzliche Herzstillstände außerhalb der Klinik (out-of-hospital cardiac arrest, OHCA) aus Paris und den Pariser Vororten. Im Zeitraum Mai 2011 bis April 2020 traten dort insgesamt 30.768 Fälle von OHCA auf, davon 521 zu Beginn der Corona-Epidemie in Frankreich (16. März bis 26. April 2020).
Die wöchentliche Inzidenz von plötzlichem Herzstillstand außerhalb der Klinik lag in den Wochen 13 und 14 diesen Jahres bei 26,64 pro eine Million Einwohner. Verglichen mit dem Zeitraum in den Vorjahren, für den die Kardiologen einen Wert von 13,42 pro eine Million Einwohner ermittelten, verdoppelte sich die wöchentliche Inzidenz damit sogar. In den Wochen 16 bis 17 diesen Jahres fiel die Inzidenz für OHCA dann wieder schnell auf einen normalen Wert ab (10,74 bzw. 11,56 pro eine Million Einwohner). Diese Inzidenz ist vergleichbar mit denen aus den Vorjahren.
Bei der Analyse fiel auf, dass während der Pandemie mehr Menschen in der Wohnung einen plötzlichen Herzstillstand erlitten (90,2 vs. 76,8 %) als in den Vorjahren – wie die Autoren vermuten, aufgrund des Lockdowns, der in Paris ab dem 17. März galt.
Der Vergleich mit den Vorjahren zeigte auch: Bei weniger Patienten wurde ein schockbarer Rhythmus (9,2 vs 19,1 %) diagnostiziert, bei der eine rechtzeitige Reanimation das Leben retten kann. Allerdings ging auch die Zahl der Reanimationen durch Laien zurück (47,8 % vs. 63,9 %). Der eintreffende Rettungsdienst führte seltener eine Defibrillation durch (53,1 vs. 66,2 %).
Darüberhinaus sank der Anteil der OHCA-Patienten, die noch lebend in eine Klinik eingeliefert werden konnten von 22,8% in den Vorjahren auf 12,8% in der Pandemie-Zeit. Auch der Anteil, der später lebend aus der Klinik entlassen werden konnte, sank von 5,4 % auf 3,1 %.
Laut der Autoren könnte der Anstieg der OHCA-Fälle nur teilweise durch die COVID-19-Erkrankungen erklärt werden. Bei unter 10 % aller OHCA-Patienten war COVID-19 sicher diagnostiziert worden, der genaue Anteil an tatsächlich Erkrankten ist aber nicht bekannt. Bei einigen Patienten lag lediglich der Verdacht aufgrund von Symptomen oder Patientenberichten vor.
Die Autoren machen vor allem indirekte Effekte der Pandemie für den plötzlichen Anstieg von OHCA verantwortlich, wie etwa den Lockdown, die Verhaltensänderung von Patienten und überlastete Kliniken.
So könnte die Verlegung vermeintlich nicht dringender Operationen eine der Ursachen für den Anstieg sein. Die Autoren vermuten ebenfalls, dass ein verschobener Arzttermin eines Patienten, aus Angst vor einer SARS-CoV-2-Infektion, ein weiterer Grund sein könnte.
Auch die selteneren Wiederbeleungsversuche könnten dadurch erklärt werden: Möglicherweise schreckten Laien und medizinisches Personal aus Angst vor einer Infektion eher vor einer Reanimation zurück. Nicht zuletzt spielten wohl auch die überlasteten Notaufnahmen in Paris eine Rolle.
Bildquelle: Alex Ovs, unsplash