Das DNA-Reparaturenzym MGMT schützt im Tiermodell vor Darmkrebs: Diese Erkenntnis stellt die Nicht-Existenz von Schwellendosen für chemische krebserregende Stoffe in Frage und rückt die DNA-Reparatur als Schutz gegen karzinogene Substanzen in den Fokus der Forschung.
Bislang ging man in der Krebsforschung davon aus, dass jede DNA-Schädigung durch krebserregende Stoffe auch im Niedrig-Dosisbereich zur Tumorbildung führen kann. Daher haben Kommissionen, die sich mit der Festlegung tolerabler Konzentrationen von Chemikalien befassen, vereinbart, für chemische Karzinogene keine Schwellendosen festzulegen. „Vor diesem Hintergrund diskutieren Toxikologen seit geraumer Zeit, ob nicht die Reparatur von DNA-Schäden eine Nicht-Effekt-Schwelle von krebserregenden Stoffen bewirkt. Diese Annahme konnte das Forscherteam um Dr. Fahrer jetzt experimentell bestätigen“, so Univ.-Prof. Dr. Bernd Kaina, Direktor des Instituts für Toxikologie der Universitätsmedizin Mainz.
Die Arbeitsgruppe von Dr. Jörg Fahrer zeigte im Tiermodell, dass ein Fehlen des DNA-Reparaturenzyms MGMT (O6-Methylguanin-DNA-Methyltransferase) dazu führt, dass bereits in sehr niedriger Dosierung eines Karzinogens Darmkrebs entsteht. „Im Gegensatz dazu bildeten sich keine Tumoren, wenn entweder eine normale DNA-Reparaturausstattung existierte oder aber ein anderer DNA-Reparaturdefekt vorlag“, erklärt Fahrer und fügt hinzu: „Unser Forschungsergebnis belegt, dass bereits das Fehlen eines DNA-Reparaturenzyms, nämlich MGMT, drastische Wirkungen im Hinblick auf die Tumorbildung hat. Zudem stellt diese Arbeit das bisherige Konzept der Schwellendosen in Frage, was weitreichende Implikationen für die Bewertung krebserregender Stoffe hat.“ Diese Auffassung teilt auch Kaina und fügt hinzu: „Es ist gut zu wissen, dass uns DNA-Reparatur schützt. Dennoch ist bei der Übertragung von Schwellendosen auf den Menschen besondere Sorgfalt geboten.“ Das Reparaturenzym MGMT kommt auch im Menschen vor, wobei dessen Menge beträchtlich variiert. Es ist anzunehmen, dass Personen mit einer geringen MGMT-Reparaturausstattung ein höheres Darmkrebsrisiko aufweisen, was allerdings noch zu zeigen wäre. „Es gibt auch Überlegungen, den Reparaturstatus durch entsprechende Ernährung zu verbessern, was angesichts der wichtigen protektiven Rolle von MGMT sinnvoll wäre“, unterstreicht Kaina. Originalpublikation: DNA repair by MGMT, but not AAG, causes a threshold in alkylation-induced colorectal carcinogenesis Jörg Fahrer et al.; Carcinogenisis, doi: 10.1093/carcin/bgv114; 2015