Virologen der Ulmer Universitätsmedizin haben bei einer Frau erstmals SARS-CoV-2 in der Muttermilch nachgewiesen.
Für ihren Beitrag im Fachjournal The Lancet haben Forscher der Ulmer Universitätsmedizin die Muttermilch von zwei Frauen untersucht, die nach der Entbindung positiv getestet worden waren. Bei einer Mutter gelang es tatsächlich, erstmals virale RNA von SARS-CoV-2 in der Milch nachzuweisen. Ob die Frau ihr ebenfalls infiziertes Baby über diesen oder einen anderen möglichen Übertragungsweg angesteckt hat, konnte nicht eindeutig geklärt werden.
Typischerweise wird SARS-CoV-2 über Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch weitergegeben. Für den Nachweis des Virus in der Muttermilch haben die Wissenschaftler um Prof. Jan Münch und Rüdiger Groß vom Ulmer Institut für Molekulare Virologie die Muttermilch von zwei infizierten Frauen auf virale RNA des neuen Coronavirus untersucht. Der Nachweis einer möglichen Virusinfektion und die Bestimmung der Viruslast erfolgte zu verschiedenen Zeitpunkten nach den positiven Corona-Testergebnissen der Mütter.
Der Krankheitsverlauf der beiden Frauen ist dokumentiert: Nach der Entbindung teilten sich beide gesunde Mütter gemeinsam mit den Neugeborenen ein Zimmer. Als eine der Frauen Krankheitssymptome entwickelte, wurde sie mit ihrem Neugeborenen isoliert und positiv auf SARS-CoV-2 getestet. Die Zimmernachbarin bemerkte erst nach der Entlassung typische Symptome wie Husten, leichtes Fieber sowie einen Verlust ihres Geruchs- und Geschmacksinns. Daraufhin wurde auch diese Frau positiv auf SARS-CoV-2 getestet.
Während sich in den Muttermilch-Proben der zuerst erkrankten Frau keine Hinweise auf das Coronavirus fanden, war das SARS-CoV-2-Ergebnis in den Milchproben der zweiten Mutter vier Mal hintereinander positiv. Dabei ermöglichte die angewandte Methode, die quantitative Echtzeit-PCR (RT-qPCR), nicht nur den Nachweis einer Infektion, sondern auch eine Bestimmung der Viruslast. Diese lag bei etwa 100.000 viralen Genomkopien pro Milliliter Muttermilch. Nach 14 Tagen war kein Virus mehr in der Muttermilch nachweisbar und Mutter wie Kind erholten sich von COVID-19.
Seit Beginn der Symptome hatte die später erkrankte Mutter beim Umgang mit dem Säugling einen chirurgischen Mund-Nasen-Schutz getragen sowie ihre Hände und Brüste desinfiziert. Zudem sterilisierte sie regelmäßig die verwendete Milchpumpe und weitere Stillutensilien.
Dennoch bleibt unklar, ob sich das Baby tatsächlich beim Stillen infiziert hat. „Unsere Studie zeigt, dass SARS-CoV-2 bei stillenden Frauen mit akuter Infektion in der Muttermilch nachweisbar sein kann. Aber wir wissen noch nicht, wie oft dies der Fall ist, ob die Viren in der Milch auch infektiös sind und durch das Stillen auf den Säugling übertragen werden können“, erklärt Münch.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Universität Ulm.
Bildquelle: Luiza Braun, unsplash