Die Heilung von Waden- oder Schienbeinbrüchen ist nicht selten schwierig und langwierig. Im Normalfall wird der Knochen in einer Operation mit einem Implantat stabilisiert.
Doch passt dieses nicht optimal, so kann es zu Komplikationen kommen. Jeder Bruch ist unterschiedlich – vom schrägen Bruch mit großen Stücken, über den Spiralbruch bis hin zur Trümmerfraktur. Dennoch kommen bislang überall die gleichen Standardimplantate zum Einsatz. Wie viele Schrauben wo gesetzt werden ist einzig eine Frage der Erfahrungswerte des Chirurgen.
Dieses Verfahren wollten Forscher von der Universität des Saarlandes und des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) nun optimieren. Eine an den individuellen Bruch angepasste Therapie soll die Heilung verbessern und Komplikationen vermeiden. Hierfür erforschte das Team anhand von verschiedenen Simulationen die Kräfte, die im gebrochenen Unterschenkelknochen wirken. Mit bildgebenden Verfahren und Simulationen machte die Arbeitsgruppe Belastungsmuster sichtbar und anschaulich. Informatiker werteten zahlreiche Computertomographie-Datensätze echter Brüche aus und brachten dies auch dem Computer bei. Ingenieure sammelten zusätzlich in einer Vielzahl von Versuchen und Ganganalysen Belastungsdaten echter Knochen, die erst gebrochen und dann im Versuchsstand vielfältig belastet wurden. Maßgeblich waren typischen Situationen wie beim Gehen um Kurven, über Treppen, beim Hinsetzen oder Springen. Denn die Lastverteilung hat einen unmittelbaren Einfluss auf den Heilungsverlauf: Im Frakturspalt muss eine gewisse Belastung vorherrschen, sonst fehlt der Wachstumsanreiz. Zu viel des Guten wiederum behindert die Heilung, denn Mikrobewegungen müssen erfolgen können. Das Implantat muss also so gestaltet sein, dass ein genau austariertes Spiel möglich ist.
Die gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen den Forschern nun, das ideal geformte Implantat zu berechnen und im 3D-Drucker anzufertigen. Ein Folgeprojekt ist bereits gestartet. Unter dem Titel "Smarte Implantate" wollen die Forscher Implantate entwickeln, die ab der OP die Heilung überwachen: Bei Fehlbelastung sollen sie warnen und das selbst aktiv durch Bewegungen gegensteuern, wenn nicht zusammenwächst, was zusammengehört.
Text- und Bildquelle: © Universität des Saarlandes