Ein 46-Jähriger stellt sich mit Knieschmerzen im Krankenhaus vor. Auf den Röntgenaufnahmen sehen die Ärzte kleine metallische Fragmente. Um die Herkunft zu klären, müssen sie weit in die Vergangenheit fragen.
Ein 46-jähriger Mann stellt sich mit chronischen Schmerzen im linken Knie, die sich zunehmend verschlimmern, im Krankenhaus vor. Auf den ersten Blick sticht den Ärzten sofort ein auffälliger Gelenkerguss, der sich in einer Schwellung des Knies äußert, ins Auge.
Blutuntersuchungen zeigen eine mikrozytäre Anämie bei einem Hb-Wert von 9,1g/dl sowie einen erhöhten Bleigehalt im Blut bei 182μg/dl. Im Mini Mental State Test erreicht der Patient einen Score von 24, wobei die Werte von 0 bis 30 reichen. Niedrigere Werte sprechen für kognitive Einschränkungen. Doch weitere Symptome einer chronischen Bleivergiftung wie beispielsweise Nierenschäden oder Bleikoliken liegen nicht vor.
Um der Sache weiter auf den Grund zu gehen, fertigen die Ärzte Röntgenaufnahmen vom betroffenen Knie an. Darauf sehen sie Gelenkveränderungen, die mit einer Arthritis einhergehen. Doch etwas daran verwundert sie. Denn darüber hinaus sind auch kleine metallische Fragmente sichtbar. Aber wie kommen diese ins Knie? Der Patient gibt an, vor 14 Jahren am Knie angeschossen worden zu sein. Die Kugel sei zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht entfernt worden. Röntgenbilder von damals zeigen eine in die hintere tragende Fläche des lateralen Femurkondylus eingebettete Metallkugel und Metalltrümmer im Gelenk. In der Zwischenzeit muss diese Kugel in kleine metallische Stücke zersplittert sein, die sich nun über das Gelenk und die Synovia verteilt haben. Das würde auch die erhöhten Bleiwerte im Blut des Patienten erklären.
Intraartikuläre Geschosse sollten immer umgehend entfernt werden, um solchen Splitterungen und damit einhergehenden möglichen Bleivergiftungen vorzubeugen. Der Patient erhält für die erhöhten Bleiwerte eine Chelationstherapie mit Komplexbildnern. Darüber hinaus wird ein chirurgischer Eingriff für eine Synovektomie des Knies geplant. Doch der Patient verlässt das Krankenhaus vorher auf eigenen Wunsch und erscheint zu keinen weiteren Terminen.
Textquelle: Marquez et al. / NEJM / docc.hk/6avq88