Das E-Rezept kommt. Bis zum Jahr 2022 soll es das Papierrezept endgültig abgelöst haben soll. Das Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG) enthielt eine der wichtigsten Forderungen der Apothekerschaft in Bezug auf die geplante Umstellung: das Makelverbot. Dieses will die Politik nun aufweichen – werden die Ärzte jetzt bestechlich?
Das Zuweisungsverbot dient – wie auch die strikte Trennung der Gesundheitsberufe des Arztes und des Apothekers – dem Patientenwohl. Der Arzt sollte nicht direkt finanziell von seinen Therapieentscheidungen für den Patienten profitieren. Und der Apotheker sollte unabhängig von seinen eigenen finanziellen Vorteilen die durch den Arzt ausgestellten Arzneimittelverordnungen prüfen und umsetzen. Jegliche geschäftliche Absprachen zwischen diesen Berufsgruppen sind untersagt. Das betrifft auch das Zuweisungsverbot für Rezepte. Der Patient soll selbst entscheiden, wo er seine Medikamente bezieht.
Im Bezug auf das E-Rezept ist diese Forderung umso bedeutsamer, denn die Folgen könnten für die Apotheke vor Ort dramatisch sein. Durch die einfache Logistik ist es für einige Player auf dem Markt interessant, hier einzusteigen: Denn theoretisch würde ohne Zuweisungsverbot ein Klick aus der Arztpraxis ausreichen, um das Rezept zu einem Anbieter zu versenden.
Der Vizepräsident der Bundesapothekerkammer, Thomas Benkert, verlangte auf dem internationalen Fortbildungskongresses pharmacon im Januar noch einen weitergehenden Schutz: „Wir fordern daher auch, dass der Adressatenkreis, an den sich das Zuweisungsverbot richtet, erweitert wird und sich nicht nur auf Ärzte und Apotheker bezieht. Das ‚Makeln‘ von Verschreibungen durch Dritte muss verboten werden.“
Eine Zeit lang sah es so aus, als würde die Politik die Bedenken verstehen und dieser Forderungen nachkommen. Im jüngsten Regierungsentwurf zum Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG) wurde auch das Makeln für Drittanbieter verboten, was die Apothekenvertreter aller Kammern freute. Auch für ausländische Versorger sollen diese Vorgaben eine Gültigkeit haben. Außerdem sollte auch der § 11 des Apothekengesetzes einen neuen Absatz erhalten. Er soll es Dritten untersagen, auch E-Rezepte „zu sammeln, an Apotheken zu vermitteln oder weiterzuleiten“ um „dafür für sich oder andere einen Vorteil zu fordern, sich einen Vorteil versprechen zu lassen, anzunehmen oder zu gewähren“.
Die Apotheker waren zufrieden – bis der Bundesrat nun in seiner Stellungnahme zum PDSG entschied, dass dieses Makelverbot aufzuweichen sei. Zur Begründung wird folgendes angegeben: „Es fehlt die Definition gesetzlicher, an der Versorgungsrealität orientierter Ausnahmesituationen, in denen gestattet ist, ein Rezept direkt an eine Apotheke zu übermitteln (…) zum Beispiel weil Versicherte nicht in der Lage sind, eVerordnungen zu empfangen, jedoch auch nicht in die Arztpraxis oder Apotheke kommen können.“
„Das Zuweisungsverhalten bei elektronischen Rezepten muss statistisch auswertbar sein. Bei Auffälligkeiten könnte dieses überprüft werden. Ein Widerruf der schriftlichen Einwilligung wäre jederzeit möglich. Ziel muss es sein, an einem grundsätzlichen Makelverbot festzuhalten, gleichzeitig jedoch Ausnahmesituationen zu definieren, um den Versorgungsalltag vollumfänglich abdecken zu können.“
Ob dieses Aufweichen nun gleich existenzbedrohend für die Apotheke vor Ort sein wird, ist derzeit noch nicht sicher abzusehen. Das kommt vermutlich auch darauf an, wie genau das Zuweisungsverhalten der Ärzte künftig überwacht wird und welche Konsequenzen sich aus Auffälligkeiten ergeben. Die Angst der Apotheker vor bestechlichen Ärzten bliebe durch diese gesetzlich geschaffenen Ausnahmen vom Zuweisungsverbot jedenfalls bestehen. Die Sorge, dass der Patient für eine Sofortprämie der Online-Apotheke im zweistelligen Bereich einmalig beim Arzt unterschreibt, dass seine e-Rezepte künftig immer direkt ins Ausland gehen ebenfalls.
Am 15. Mai berät sich der Bundesrat abschließend zum Thema PDSG. Da es nicht zustimmungsbedürftig ist, wird es bis zum 2. Juli spannend bleiben, ob der Bundestag dieser Empfehlung folgt.
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