Wir haben mittlerweile Mai und das Bild in den Apotheken hat sich verändert. Waren es anfangs noch die Menschen mit Masken, die nicht so richtig ins Geschehen passen wollten, so sind es jetzt diejenigen, die keine tragen.
Eigentlich sollte man sich eher darüber wundern, überhaupt noch Kunden ohne Maske in der Apotheke anzutreffen, da seit kurzem ja eine Maskenpflicht im Einzelhandel gilt. Aber nicht alle Kunden wollen eine Maske tragen:
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Andere hingegen wundern sich, warum wir keine tragen.
Kundin: „Gibt es hier eine Maskenpflicht?“
DerApotheker: „Ja, natürlich!“
Kundin: „Warum tragen Sie dann keine Maske?“
DerApotheker: „Weil ich hinter einer Plexiglasscheibe stehe.“
Ja, warum tragen wir dann keine Maske? Durch die Plexiglasscheiben sind wir natürlich mehr oder weniger vor einer Tröpfcheninfektion durch unsere Kunden geschützt, aber genau genommen können wir uns trotzdem infizieren – durch Kollegen.
Will ich als einziger in der Apotheke den ganzen Tag eine FFP2- oder FFP3-Maske tragen, um mich vor meinen Kollegen zu schützen? Nicht unbedingt. Ist das klug? Nicht unbedingt.
Trotzdem gehen wir das Risiko ein. Wir wissen ja schließlich, dass nur Fremde, das Coronavirus übertragen können. Kollegen sind einem nicht fremd. Nicht unbedingt.
Was das Risiko allerdings erhöht, ist die Tatsache, dass unsere PKAs vorne im Verkaufsraum die Ware wegräumen müssen. Dafür setzen sie sich keine Maske auf. Das wäre ja zu viel Aufwand. Und Aufwand mögen wir nicht. Die Gefahr, dass sich die Kolleginnen infizieren, ist zwar reduziert, da die meisten Kunden Masken tragen. Trotzdem wäre ich dafür, dass vor den Plexiglasscheiben — auf der Seite der Kunden also — auch von uns Masken getragen werden. Oder wir gehen einfach nicht nach vorne. So handhabe ich das zumindest. Da die PKAs das aber nicht immer können: Masken. Schließlich könnten auch wir unsere Kunden anstecken.
Ja, wir wissen eigentlich, dass das ganze Maskentragen natürlich mehr Sinn machen würde, wenn wir nicht nur jenseits der Scheibe, sondern auch diesseits eine tragen würden. Wir werden sehen. Vielleicht ja schon im nächsten Artikel. Stay tuned.
Als ich das erste Mal einen Mund-Nasen-Schutz trug, bin ich mit dem Bus zur Arbeit gefahren und war erstaunt, wie unangenehm das ist. Man atmet ein, man atmet aus. Die ausgeatmete Luft wird dann teilweise wieder eingeatmet. Schön warm, wie frische Brötchen vom Bäcker. Jetzt stelle man sich mal vor, es würde einem schon ohne Maske schwerfallen zu atmen. Ich kann daher schon verstehen, dass sich lungenkranke Menschen von der Maskenpflicht befreien lassen wollen.
Einer meiner Kunden, löste bei mir ein Rezept über Alprazolam ein und gestand mir, dass er das brauche, weil ihm das Tragen eines einfachen Mund-Nasen-Schutzes bereits Panik verursache, da er das Gefühl habe, keine Luft zu bekommen und zu ersticken. Alprazolam nehme ihm die Angst. Zumindest so lange, bis die Befreiung vorliege und er keine Maske mehr tragen müsse.
Sich aufgrund von Panik befreien zu lassen, ist einerseits natürlich verständlich, andererseits ist er mit einer Erkrankung des Atmungssystems aber einem höheren Risiko ausgesetzt, bei einer Infektion einen schwereren Krankheitsverlauf durchzumachen.
Da ich nach meinem MNS-Bus-Erlebnis auf der Suche nach einem angenehmeren Schutz war, probierte ich jegliche Masken aus, die wir bisher zum Verkauf anbieten konnten. Bei einer Maske, die einen FFP-2-Schutz bietet, empfand ich das Atmen wesentlich angenehmer als unter dem einfachen Mund-Nasen-Schutz. Ich bot meinem Kunden also an, dass ich gerne versuchen könne, noch eine davon aufzutreiben. Vielleicht falle ihm das Atmen dadurch leichter und löse keine Angst mehr aus. Außerdem sei er als Lungenkranker dadurch auch noch selbst geschützt und nicht wie bei seinem MNS – mit dem er sein Kinn während unseres Gesprächs schützte – nur die anderen vor ihm.
Ich hoffe, wir bekommen noch mehr dieser Masken. Die Vefügbarkeit von Masken ist zwar allgemein besser geworden, aber man nimmt noch immer so ziemlich alles, was man kriegen kann. Allerdings sind die Preise teilweise astronomisch hoch und wir lehnen deshalb auch einige Angebote ab. Auf Instagram folgen mir einige Accounts, deren einziger Sinn wohl darin besteht, Masken zu verkaufen, was für mich darauf hindeutet, dass es so einige gibt, die sich dadurch jetzt eine goldene Nase verdienen wollen. Wir Apotheken gehören in der Regel nicht dazu. Darüber hatte ich auch schon mehr als eine Diskussion mit meinen Kunden. Für die Einkaufspreise, die wir noch vor Corona-Zeiten für einfache MNS bezahlt haben, bekommen wir schon lange keine mehr geliefert.
Auch wir brauchen Einnahmen, sonst können wir die Apotheke dicht machen. Nur an den Masken verdienen wir nicht wirklich etwas. Wenn überhaupt. Wahrscheinlich machen wir sogar Verluste durch den Verkauf von Masken. Auf den Einkaufspreis der Masken müssen auch noch unsere Gehälter draufgeschlagen werden und was sonst noch so an Betriebskosten einer Apotheke entstehen. Und natürlich die Mehrwertsteuer nicht vergessen. Im Moment bin ich mehr Verkäufer als Apotheker. Ob ich es will oder nicht. Und dafür, dass fast 90 Prozent meines Arbeitstages aus dem Verkauf von Masken bestehen, bin ich ein gut bezahlter Verkäufer und die Kosten müssen eben wieder reinkommen.
Interessant finde ich auch, dass die Kunden, die vor ein paar Wochen noch jede Maske oder jedes Desinfektionsmittel kauften, beides von uns mühselig beschafft, jetzt plötzlich anfangen, wählerisch zu werden. Plötzlich heißt es: „Haben Sie auch Masken aus Stoff?“
„Haben Sie die auch in einer anderen Farbe?“
Oder: „Haben Sie kein Gel zum Hände desinfizieren?“
„Haben Sie kein Spray?“
Die Fragen nach Fieberthermometern konnte ich übrigens schon lange nicht mehr mit „Ja, haben wir“ beantworten. Nicht lieferbar. Masken und Desinfektionsmittel sind auf jeden Fall wieder leichter zu beschaffen, als noch vor ein paar Wochen. Aber trotzdem gibt es immer noch Engpässe. Wäre schließlich auch schlimm, wenn die Menschen überhaupt keine Masken bekommen würden, wo es doch jetzt teilweise Pflicht ist. Fast so schlimm wie die Tatsache, dass manche Leute die Masken völlig falsch tragen. Den Sinn dahinter scheinen viele irgendwie nicht so ganz verstanden zu haben.
Bei wirklich vielen Menschen wird die Nase nicht abgedeckt. Vielleicht ist das ja auch mit unsere Schuld, schließlich nennen wir den Mund-Nasen-Schutz meistens einfach nur kurz Mundschutz oder Maske. Wenn dann tatsächlich mal einer nach einem MNS fragt, kann man damit vielleicht im ersten Moment nichts anfangen, weil der Begriff so gut wie nie in der Apotheke fällt.
Aber was mir mindestens genauso häufig oder öfter auffällt: dass die Menschen ihre Masken abnehmen, um sich besser unterhalten zu können. Man versteht einen ja so schlecht durch diese blöden Masken. Sie schützen sich also während das Risiko gering ist, weil sie zwei Meter Abstand halten, ziehen die Masken dann aber übers Kinn, wenn sie jemandem so nahe sind, dass sie eine Maske bräuchten, nur damit sie besser verstanden werden. Um es mit den Worten von Geralt of Rivia zu sagen: Hmmm.
Ich bekomme auch viele Fragen, ob man die Masken mehr als einmal verwenden könnte. Eigentlich sind es ja Einmalprodukte, aber es hieß, man könne sie im Backofen für 30 Minuten bei 70 °C „backen“. Das hat sich jetzt geändert. Den aktuellen Erkenntnissen zufolge reichen 70 °C trockene Hitze nicht aus. Der Ofen soll von nun an auf 90 °C vorgeheizt werden und die Masken dann für 90 Minuten im Ofen gelassen werden. So teilte es das BfArM mit. Da die Untersuchungen aber noch nicht abgeschlossen sind, kann sich das auch bald wieder ändern. Wir werden sehen.
Stoffmasken lassen sich auch in der Waschmaschine waschen. Die Temperatur sollte mindestens 60 °C betragen, besser heißer. Manche Waschmaschinen erreichen keine 60 °C, auch dann nicht, wenn 60 °C eingestellt wurde.
Zum Abschluss noch der neuste Schwurbel meiner USK (Ultra-Schwurbel-Kollegin), die ja schon im Januar mit Handschuhen arbeitete, um sich vor dem Coronavirus zu schützten. Sie scheint mittlerweile der Meinung zu sein, dass es das Virus gar nicht gibt. Hmm, Okay. An wen erinnert mich das bloß?
Wir alle sind dieses Thema leid und hoffen, dass endlich wieder ein normaler Alltag einkehren wird. Auch, wenn die meisten Menschen sicherlich Gefallen daran gefunden haben, im Home Office zu arbeiten oder allgemein weniger Stunden mit Arbeit verbringen zu müssen. Wenn das ganze Corona-Theater endlich vorbei ist, werden wir das hoffentlich alle gebührend feiern.
Passt auf euch auf!
#DerApotheker
Bildquelle: Kelsey Curtis, unsplash