Corona-Antikörpertests in der Apotheke verkaufen – oder eine Testung vor Ort anbieten? Lieber nicht. Drei gute Gründe, warum wir die Finger von Schnelltests lassen sollten.
Es klingt so einfach, schon ein Tropfen Blut aus dem Finger genügt und innerhalb kurzer Wartezeit hat man ein Ergebnis: Ich meine natürlich die vieldiskutieren Antikörpertests für SARS-CoV-2. Diese Tests weisen sowohl die IgM-Antikörper nach, die in der Frühphase der Erkrankung gebildet werden, als auch die IgG-Antikörper, die im späteren Verlauf auftreten.
Da sehr viele Menschen wissen möchten, ob sie sich aktuell oder in der Vergangenheit bereits mit Corona infiziert haben, ist es sicher verführerisch, einen solchen Schnelltest einzukaufen und in der Apotheke anzubieten. Warum man das aber nicht tun sollte, hat drei gute Gründe.
Der Schnelltest kann sowohl falsch positive als auch falsch negative Ergebnisse anzeigen. Derzeit kann außerdem nicht ausgeschlossen werden, dass er auch dann positive Ergebnisse anzeigt, wenn man Antikörper gegen andere, weniger gefährliche Coronaviren gebildet hat. Zudem ist die Auswertung nicht so einfach, dass sie durch Laien praktiziert werden könnte. So finden sich einige Faktoren, die das Ergebnis verfälschen könnten:
Es ist schlicht unverantwortlich, einen solchen Test von einem Laien durchführen zu lassen. Die Konsequenz wäre im schlimmsten Fall, dass sich ein eigentlich positiver Mensch durch einen falsch negativen Test Risikopersonen ohne ausreichenden Schutz nähert und sie ansteckt. Und das nur, weil er sich durch eine fälschlich negative Testung sicher fühlt.
Wegen der Tücken bei ihrer Durchführung sind die Schnelltests ausschließlich für den Gebrauch durch Fachpersonal vorgesehen. Ein Verkauf an Endkunden ist daher laut § 3 Absatz 1 Satz 2 der Medizinprodukte-Abgabeverordnung (MPAV) ausgeschlossen. Dieser lautet:
„Eine Abgabe von Medizinprodukten, die nicht zur Anwendung durch Laien vorgesehen sind, darf nur an Fachkreise nach § 3 Nummer 17 des Medizinproduktegesetzes erfolgen, es sei denn, eine ärztliche oder zahnärztliche Verschreibung wird vorgelegt.“
Außerdem besagt § 3 Absatz 4 MPAV, dass In-vitro-Diagnostika für den Nachweis eines meldepflichtigen Krankheitserregers nicht an Privatpersonen abgegeben werden dürfen.
„In-vitro-Diagnostika, die für den direkten oder indirekten Nachweis eines Krankheitserregers für die Feststellung einer in § 24 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes genannten Krankheit oder einer Infektion mit einem in § 24 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes genannten Krankheitserreger bestimmt sind, dürfen nur abgegeben werden an:
1. Ärzte, 2. ambulante und stationäre Einrichtungen im Gesundheitswesen, Großhandel und Apotheken, 3. Gesundheitsbehörden des Bundes, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, 4. Blutspendedienste, pharmazeutische Unternehmen, 5. Beratungs- und Testeinrichtungen für besonders gefährdete Personengruppen.“
Die einzige Ausnahme von dieser Regel gilt seit 2018 für den HIV-Selbsttest. Sie war und ist noch immer umstritten.
Wer trotzdem Tests eingekauft hat und nun auf die Idee kommt, sie in der Apotheke durch „geschultes Personal“ durchführen zu lassen, da die Abgabe an Laien verboten ist: Auch das ist keine gute Idee. Sie kann sogar aufgrund des Infektionsschutzgesetzes sehr teuer werden. Warum das so ist, hat die ABDA in einer rechtlichen Einschätzung gegenüber der Pharmazeutischen Zeitung sehr deutlich gemacht:
„Bei der Durchführung derartiger Tests durch Apothekenpersonal handelt es sich um Tätigkeiten, die nach § 24 Satz 1 IfSG ausschließlich Ärzten vorbehalten sind. Darüber hinaus dürfte die Testung von Patienten in der Apotheke als erlaubnispflichtige Ausübung der Heilkunde einzustufen sein.“
Mögliche Konsequenzen bei einem Verstoß nennt die ABDA ebenfalls:
„Die Verletzung des Abgabeverbots nach § 3 Abs. 4 MPAV kann als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu 30.000 EUR geahndet werden, § 4 Abs. 3 Nr. 2 MPAV. Die Verletzung des Arztvorbehalts nach § 24 Satz 1 IfSG wird als Straftat mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldbuße geahndet, § 75 Abs. 5 IfSG. Die gleiche Strafandrohung gilt für die Ausübung der Heilkunde als Nichtarzt ohne Erlaubnis nach § 1 HeilpraktikerG, § 5 HeilpraktikerG.“
Müssen nun alle Menschen enttäuscht sein, die auch im Hinblick auf mögliche Lockerungen der Corona-Beschränkungen wissen möchten, ob sie die Erkrankung bereits durchgemacht haben? Offenbar nicht, denn Roche hat, eigenen Angaben zufolge, jetzt die Notzulassung der FDA für einen Corona-Antikörpertest erhalten. Er soll eine Sensitivität von 100 Prozent und eine Spezifität von 99,8 Prozent aufweisen.
Auch dieser Test wird aber – zumindest so lange keine Ausnahme von der Medizinprodukte-Abgabeverordnung wie beim HIV-Selbsttest gemacht wird – alleine von medizinischem Personal durchgeführt werden dürfen. Der Corona-Test daheim wird wohl reiner Wunschtraum bleiben.
Bildquelle: National Cancer Institute, unsplash