Deutschlands Kliniken sind auf Corona eingestellt: Viele Betten bleiben frei, geplante Eingriffe fallen aus. In einigen Krankenhäusern werden Ärzte in Kurzarbeit geschickt – an anderen werden sie dringend gesucht.
Angesichts der COVID-19-Pandemie werden in deutschen Krankenhäusern derzeit viele Betten frei gehalten – die Kliniken müssen vorbereitet sein, wenn die Zahl der Coronapatienten zunimmt. Eingriffe werden, soweit medizinisch möglich und vertretbar, verschoben oder abgesagt. Das erscheint sinnvoll, bringt für Kliniken aber finanzielle Probleme mit sich.
Abhilfe soll ein Rettungsschirm der Bundesregierung schaffen. Mit dem Krankenhausentlastungsgesetz erhalten Kliniken Ausgleichs- und Bonuszahlungen, beispielsweise für leerstehende Betten oder die Schaffung weiterer Intensivplätze. Und doch sehen einige private Träger offenbar keinen anderen Ausweg aus dem finanziellen Engpass als über Kurzarbeit. Wie passt das zusammen?
So schickt unter anderem die Schön-Klinik in Vogtareuth Mitarbeiter in Kurzarbeit, darunter auch Ärzte und Pflegepersonal, berichtet die Tagesschau. Ende März hieß es noch, dass Ärzte und Pfleger am Standort im Landkreis Rosenheim nicht von Kurzarbeitsmaßnahmen betroffen seien. Investigative Reporter des NDR erfuhren allerdings nun, dass inzwischen sehr wohl Assistenz- und Oberärzte in Kurzarbeit geschickt worden seien. Auf eine Anfrage von DocCheck hat die Schön-Klinik recht knapp reagiert: „Ausgerechnet zu diesem Thema möchten wir uns nicht äußern, es tut mir leid“, schreibt eine Pressereferentin.
Dieses Vorgehen der Schön-Klinik irritiert besonders angesichts der angespannten Lage in Rosenheim. In dem Landkreis gibt es momentan besonders viele Coronafälle. Laut Tagesschau sucht der ärztliche Kreisverband aktuell sogar Pflegekräfte und Ärzte. „Unter diesen Umständen Nichtstun verordnet zu bekommen, fühlt sich falsch an“, wird eine Person zitiert, sie möchte anonym bleiben. Es stellt sich die Frage, ob hier nicht mit einer Art innerbetrieblicher Jobrotation Abhilfe geschaffen werden könnte – wer in der eigenen Klinik gerade nicht gebraucht wird, kann womöglich in einer anderen tatkräftig unterstützen.
Auch auf Twitter gibt es viele starke Meinungen zu dem Thema. So schreibt ein User, die momentane Planung rieche nach einem „Geschäftsmodell für private Träger“:
Ein anderer User schreibt von einem schiefen Gesamtbild:
Er bezieht sich damit auf einen Artikel des österreichischen Kuriers, in dem die Kurzarbeit von Sanitätern des Roten Kreuzes diskutiert wird. Davon sei der Rettungsdienst allerdings ausgenommen, heißt es dort. Kurzarbeit solle es nur in Bereichen wie Ausbildung, Verwaltung und sozialen Dienste geben, wird Gerald Czech, Marketing-Verantwortlicher beim Roten Kreuz, zitiert.
Den Widerspruch zwischen Angst vor zu wenig Betten, Personal und Ressourcen einerseits und die aktuelle Wirklichkeit andererseits greift auch der Marburger Bund auf:
In Deutschland bereiten laut Tagesschau unterdessen neben der Schön-Klinik noch weitere medizinische Einrichtungen Kurzarbeit vor, darunter Häuser in Thüringen, Kiel und Schlesweig-Holstein. Auch die Asklepios-Kliniken gehören dazu. Im Gespräch mit DocCheck machte ein Sprecher des Klinikbetreibers allerdings deutlich, dass es in Akut-Häusern keine Kurzarbeit geben werde, auch wenn andere Träger das inzwischen so handhaben würden.
Derartige Maßnahmen seien nur in Rehabilitationshäusern vorgesehen: „Der Gesetzgeber hat ganz bewusst niedrige Leerstandsausgleiche geregelt, da insbesondere Rehakliniken in Kurzarbeit gehen sollen. So wird etwa im Sozialdienstleister-Einsatzgesetz die Kurzarbeit explizit als vorrangiges Mittel angesehen“, so der Sprecher.
Rehakliniken seien somit darauf ausgelegt, bei Engpässen auf Kurzarbeit umzustellen. Sie sind in diesem Fall allerdings auch besonders betroffen – denn weil die Zahl der elektiven Eingriffe in Krankenhäusern deutlich zurückgegangen ist, müssen auch deutlich weniger Patienten in die Reha. Im Entlastungsgesetz seien nur 60 Prozent der Tagespauschale als Ausgleich vorgesehen. Man komme daher nicht umhin, Kurzarbeit in Rehakliniken, die nicht als Ersatzkrankenhäuser benannt wurden, zu prüfen und entsprechend umzusetzen.
Die Asklepios-Kliniken kritisieren damit auch den finanziellen Rettungsschirm, der von der Bundesregierung für deutsche Kliniken aufgespannt wurde. Durch ihn würden zwar einzelne Bereiche des Gesundheitssystems vor der Insolvenz bewahrt, andere dagegen in eine problematische Situation gedrängt. Einen vollständigen Erlösausgleich leiste der Schirm nicht. „Denn dieser Rettungsschirm hat noch große Löcher, die trotz aller gemeinsamen Anstrengungen von Krankenhäusern, Verbänden und unabhängigen Experten politisch nicht geschlossen wurden“, betont der Sprecher.
Geschäftsmodell, Fehlkalkulation, Politikum – die Kurzarbeit in deutschen Krankenhäusern wird auch weiterhin für Diskussionen sorgen. Der medial präsente Krankenpfleger Alexander Jorde bringt es in einem Twitter-Post auf den Punkt:
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