Einer kürzlich veröffentlichten Studie zufolge treten unter Fluorchinolonen häufiger Aorten-Aneurysmen auf. Sehnenrupturen sind als Nebenwirkung schon länger bekannt. Der kleinste gemeinsame Nenner: ein Effekt auf das Bindegewebe.
Antibiotika stehen nicht nur wegen möglicher Resistenzen in der Kritik. Ärzte achten zu wenig auf unerwünschte Effekte. Dazu ein Blick auf Verordnungszahlen. Laut DAK-„Antibiotikareport 2014“ stehen das Aminopenicillin Amoxicillin (zwölf Prozent), das Cephalosporin Cefuroxim sowie das Fluorchinolon Ciprofloxacin (je elf Prozent) an der Spitze. Senioren erhalten besonders häufig Reserveantibiotika – auf jedem vierten Rezept standen Fluorchinolone.
Chien-Chang Lee, Taiwan, hat jetzt eine Million Daten von Krankenversicherungen ausgewertet. Darunter befanden sich 1.477 Patienten mit Aortendissektion (einer Aufspaltung der Wandschichten) oder Aortenaneurysma (einer Ausweitung des Gefäßes). Patienten, die Fluorchinolone einnahmen, hatten ein rund 2,5-fach höheres Risiko, aufgrund von Aneurysmen stationär behandelt zu werden. Im Artikel schreibt Lee weiter, die wachsende Zahl an tödlichen Rupturen könne mit steigenden Verschreibungszahlen entsprechender Wirkstoffe in Zusammenhang gebracht werden. Er führt rein rechnerisch zwischen 2,8 und 5,2 Prozent aller Fälle auf Fluorchinolone zurück, wobei es sich letztlich um eine Hypothese handelt. Absolut betrachtet ist das Risiko für den einzelnen Patienten verschwindend gering.
Doch wie kommt es biochemisch zu dem unerwünschten Effekt? Apotheker und Ärzte wissen schon lange, dass Fluorchinolone Entzündungen und Rupturen von Sehnen nach sich ziehen. Älteren Kohortenstudien zufolge beträgt die Inzidenz pro 10.000 Verordnungen für Sehnenerkrankungen 10 (Norfloxacin), 44 (Ciprofloxacin) und 96 Fälle (Ofloxacin). In der Literatur sind Hinweise auf Netzhautablösungen zu finden; andere Autoren konnten diesen Zusammenhang nicht bestätigen. Bei Fluorchinolonen werden zytotoxische und antiproliferative Effekte diskutiert. In vitro zeigten sich höhere Aktivitäten Kollagen-spaltender Metalloproteinasen. Alle erfassten Nebenwirkungen gehen mit Bindegewebsschwächen einher. Genau hier könnten Ärzte ansetzen – und Risikopatienten andere Wirkstoffe verordnen.