Deutschland schlägt sich im Kampf gegen das Coronavirus im globalen Vergleich gut. Das berichten US-Medien. Am Montag wurde Jens Spahn dazu im US-amerikanischen TV interviewt.
Weltweit sind die Folgen des Coronavirus tragisch und dennoch ist die COVID-19-bedingte Todesrate in Deutschland vergleichsweise niedrig. In einem TV-Interview möchte ein Moderator des Senders CNBC von Jens Spahn wissen, worauf er das zurückführt.
„Die Tatsache, dass Deutschland sich derzeit besser schlägt, macht einen demütig, nicht übertrieben selbstsicher“, antwortet der Bundesgesundheitsminister. Es gebe mehrere Gründe. Einer davon sei das deutsche Gesundheitssystem, das in „sehr guter Form“ sei. Zweitens habe Deutschland ein gutes Netzwerk von Allgemeinmedizinern, die sich um leichte COVID-19-Fälle kümmern. Auf diese Weise würden sie einen Overrun auf die Krankenhäuser verhindern, damit in den Kliniken die schweren Fälle behandelt werden könnten. Als dritten Punkt nennt Spahn die hohe Zahl an Intensivbetten. „Wir haben es geschafft, die Zahl während der Krise auf 40.000 Intensivbetten zu erhöhen, das ist eine hohe Zahl für ein Land wie Deutschland. Wir haben [das Virus] von Anfang an ernst genommen und das hat uns Zeit gegeben, uns vorzubereiten.“
Des Weiteren geht es in dem Gespräch um die Testkapazitäten in Deutschland. Diese bezeichnet der Moderator als „den USA oder dem Vereinigten Königreich hoch überlegen“ und fragt, ob Deutschland sich schon vor Jahren auf einen Zustand wie jetzt vorbereitet habe oder ob kurzfristig in den ersten Monaten des Jahres aufgestockt worden sei. Wenn man nicht teste, sehe man nur verschiedene Graustufen, so Spahn: „Bisher wurden 1,5 Millionen Deutsche getestet“, die Testkapazität solle aber Tag für Tag erweitert werden. Denn nur so könne man nicht nur die symptomatischen Patienten erkennen, sondern auch die asymptomatischen und milden Fälle erfassen.
Auch die Ausgangsbeschränkungen und die lahmgelegte Wirtschaft werden vom Interviewer angesprochen. Ob der Zeitpunkt nun näher rücke, an dem die deutsche Wirtschaft sich wieder öffne, lautet die Frage. Es gehe nicht um einen Kampf zwischen dem gesundheitlichen Wohl der Menschen und der Wirtschaft, denn diese zwei Faktoren seien eng miteinander verbunden, so Spahn. „Man braucht eine starke Wirtschaft, um ein gut ausgestattetes Gesundheitssystem zu ermöglichen. Auch Arbeitslosigkeit und Rezession schadet der mentalen und physischen Gesundheit der Menschen. Wir müssen das richtige Verhältnis finden.“
Jetzt sei es wichtig, Schritt für Schritt zu einer „neuen Normalität“ zurückzukehren. Maßnahmen wie Abstand halten, Party-Verbot oder das Tragen von Masken seien weiterhin einzuhalten. Eine Moderatorin wird zugeschaltet und möchte wissen, wie es hierzulande mit dem Einsatz von Antikörpertests vorangehe. „Was habt ihr gelernt? Sind die Tests präzise und können die Ergebnisse als Signal dienen, ob jemand wieder arbeiten gehen kann oder nicht?“ Kein Antikörpertest sei derzeit gut genug, um darauf basierend eine Entscheidung zu treffen, ob Menschen immun genug sind, um in kritischen Infrastrukturen wie einem Krankenhaus wieder arbeiten zu gehen, sagt Spahn. „Aber unsere Experten vermuten, dass es solche Tests vielleicht schon in zwei bis vier Wochen geben wird.“
Warum andere Nationen deutlich größere Probleme im Umgang mit dem Coronavirus hätten, lautet die nächste Frage der Moderatorin: „Was macht ihr, was wir nicht machen?“ und sie meint damit die Situation in den USA. In seiner Antwort betont der Bundesgesundheitsminister, wie wichtig Vorbereitung sei. Die vergleichsweise große Zahl an Intensivbetten sei eine gute Ausgangsbasis gewesen und das Verschieben elektiver Operationen habe zusätzliche Kapazitäten ermöglicht. Nochmals geht er auf die gute Versorgung seitens der Hausärzte ein, die bemüht seien, Corona-Patienten mit leichtem Krankheitsverlauf möglichst früh zu behandeln. „Was wir in manchen Ländern sehen ist, dass Menschen erst im Gesundheitssystem sichtbar werden, wenn sie sich schon in einem kritischen Gesundheitszustand befinden“.
Wie unser medizinisches Personal die aktuelle Versorgungssituation in Deutschland bewerten würde, steht auf einem anderen Blatt – oder vielleicht auch in den Kommentaren unter diesem Beitrag. Wie schätzen die Ärzte, Pflegekräfte und Mitarbeiter des Rettungsdienstes die derzeitige Lage ein? Ist Deutschlands Versorgungssystem wirklich in „sehr guter Form“?
Bildquelle: david laws, unsplash