Ostern ist die fast schon magische Marke: Nach den Ferien könnte eine Lockerung der strengen Corona-Maßnahmen in Deutschland möglich sein, hieß es oft. Aber wie kann die Rückkehr zum Status quo ante gelingen?
Erste Ergebnisse der Heinsberg-Studie (DocCheck berichtete) liegen vor. Und bringen Erleichterung: Etwa 15 % der Anwohner seien immunisiert, bei einer Mortalität von 0,37 % – für Deutschland insgesamt gibt die Statistik der Johns-Hopkins-Universität derzeit eine Mortalität von 1,98 % an. Man könne daher beginnen, die strengen Regelungen im Ort langsam zurückzufahren, berichtet Martin Exner, Direktor des Instituts für Hygiene an der Uni Bonn, in der Welt. Wichtig sei aber, stark gefährdete Personengruppen und neuralgische Punkte wie Kliniken und Altenheime auch weiterhin streng zu schützen.
Wie sieht es im Rest des Landes aus, ist eine Lockerung der Corona-Maßnahmen vielleicht nicht nur in Heinsberg in Sicht? Das im März beschlossene Kontaktverbot sollte zunächst für zwei Wochen gelten, es wurde Anfang des Monats bis zum 19. April verlängert. Der Wunsch nach einer Rückkehr zur Normalität wird immer drängender – verständlich, angesichts wirtschaftlicher, sozialer und persönlicher Einschränkungen.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gibt sich jetzt hoffnungsfroh: Bleibe es bei einem Rückgang der Infektionszahlen in Deutschland, „werden wir mit den Ministerpräsidenten über eine schrittweise Rückkehr zur Normalität nach den Osterferien reden können“, so Spahn gegenüber dem Handelsblatt. Dafür müsse man aber sicher sein, dass der derzeitige Trend sich auch verfestige, so der Minister weiter.
Wie könnte eine Lockerung des Lockdowns aussehen? Dazu gibt es verschiedene Ansätze. So schlägt der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet vor, zunächst kleinere Läden wieder zu öffnen. Der Schutz der Mitarbeiter sei natürlich zu bedenken. Bei der Wiederöffnung von Schulen und Kitas plädiert er für eine einheitliche bundesweite Einigung. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther erwartet unterdessen keine großen Änderungen am Status Quo: Es sei gut möglich, dass es nach Ostern „erst wenig Erleichterung gibt“, sagte er im Gespräch mit der Wirtschaftswoche.
Andere appellieren an die Geduld der Bevölkerung: Tobias Hans, Ministerpräsident des Saarlands, erinnert zum Beispiel daran, die Kontaktsperren auch während der Osterzeit einzuhalten. „Je mehr wir uns jetzt noch eine Zeit lang zusammenreißen, desto schneller, desto reibungsloser und desto gesünder werden wir wieder den Weg zurück in ein Leben ohne Auflagen und ohne Beschränkungen zurückfinden“, wird er zitiert.
Was (fast) alle Ansätze eint: Die Erkenntnis, dass nichts von heute auf morgen wieder wie vorher wird. Lothar Wieler, Präsident des Robert-Koch-Instituts, betont: „Ein Exit suggeriert vielleicht, dass man einfach die ganzen Maßnahmen aufhebt und dann so lebt wie vor dieser Epidemie. Ich persönlich kann mir das momentan nicht vorstellen.“
Aus Sicht des Deutschen Ethikrats sei vor allem wichtig, über die mögliche Umsetzung eines Exits zu sprechen – selbst wenn es für den tatsächlichen Schritt noch zu früh sei. Dieser Diskussion dürfe die Politik sich nicht verweigern: „Alles Andere wäre ein obrigkeitsstaatliches Denken, […] mit dem man das so notwendige Vertrauen der Bevölkerung nicht stärken würde“, sagte Prof. Peter Dabrock, Vorsitzender des Ethikrates, gegenüber der Tagesschau.
Auch Christiane Woopen, Vorsitzende des Europäischen Ethikrates, betont, bei allen Maßnahmen immer den Menschen zu berücksichtigen. Man müsse auch an diejenigen denken, die unter den Corona-Regeln leiden. Woopen nennt hier Kinder, die daheim missbraucht werden, aber auch Erwachsene, die durch die Kontaktsperre in Sucht oder Angstzustände abrutschen.
Das Ziel sollte die schrittweise Rückkehr zur Normalität sein. Woopen nennt hier vier Kriterien für eine Öffnung:
Eine Lockerung dürfe nie dazu führen, dass das Gesundheitssystem doch wieder überlastet werde. Die Bewältigung aller möglichen Patientenfälle ohne Überforderung des Systems solle daher immer Priorität haben, so Woopen.
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