Ein Rausch ohne Risiko – nur durch Placebo? Das klingt eher nach Wunsch als nach Wirklichkeit. Tatsächlich legt nun das Experiment einer Forschungsgruppe genau diese These nahe. Probanden die nur scheinbar halluzinogene Substanzen erhielten, berichteten dennoch über psychedelische Effekte.
Halluzinogene Drogen wirken auf unser Gehirn und führen damit zu einer rauschhaften Bewusstseinserweiterung. Die Wahrnehmung, das Zeitempfinden sowie das Denken und emotionale Erleben können dann verändert sein. Die Wirkung hängt dabei im Wesentlichen von pharmakologischen, kontextuellen Faktoren und deren Interaktion ab. Die pharmakologische Wirkung wird normalerweise in Vergleichsstudien von Drogen mit Placebos getestet. In der Regel können in der Placebo Kontrollgruppe dann nur geringe Effekte nachgewiesen werden. Doch könnte hinter dieser Erkenntnis möglicherweise ein Fehlschluss stecken? Könnten Studiensituation und -design sowie die Auswertung dieses Ergebnis beeinflussen? Schließlich sind Placebo-Effekte dann am größten, wenn die Probanden glauben, sie hätten die Droge genommen.
Ein neuartiger Wirkstoff?
Die Frage, ob ein Placebo-Effekt bei Drogen vielleicht stärker als bislang angenommen sein könnte, untersuchten nun Forscher von der MacGill University in Montreal. Dafür rekrutierten sie 33 Probanden in zwei Gruppen – alles Studenten aus verschiedenen Fachrichtungen. Im Experiment erzählten sie ihnen, sie würden im Rahmen einer Party den halluzinogenen Wirkstoff Iprocin – ähnlich dem Psilocybin der sogenannten “Magic Mushrooms” erhalten. Im Verlauf seien dann bewusstseinserweiternde Effekte wie unter anderem eine verbesserte Stimmung, gesteigerte Wahrnehmung, emotionale Sensibilität, Lichtempfindlichkeit, Halluzinationen und Schläfrigkeit zu erwarten. Doch in Wirklichkeit erhielten alle Teilnehmer nur ein Placebo.
Zudem gab es einige in die Gruppe eingeschleuste Schauspieler. Diese begannen etwa 15 Minuten nach der Einnahme der “Droge” die zu erwartenden Effekte zu simulieren und dies nach und nach an das Verhalten der Probanden anzupassen und zu steigern. Die Probanden füllten vor und nach der Einnahme der Tablette den 5D-ABZ Fragebogen zur Erfassung außergewöhnlicher Bewusstseinszustände aus. Darüber hinaus wurde die PANAS-Skala angewandt. Die übrigen Testungen dienten der Aufrechterhaltung der Verschleierungsgeschichte und der Erfüllung der Erwartungen von Probanden an eine Arzneimittelstudie. Daher wurden noch das Big Five Inventory, der House Tree Person Test und der Remote Associates Test durchgeführt.
Die Annahme überwiegt die Einnahme
Das verblüffende Ergebnis: 61% der Probanden gaben an, eine Art “Trip” erlebt zu haben, obwohl sie keinerlei bewusstseinserweiternde Substanz zu sich genommen hatten. Sie berichteten unter anderem, gesprächiger und entspannter gewesen zu sein. Einige Probanden beobachteten insbesondere Veränderungen bei der Betrachtung eines im Raum angebrachten Gemäldes. Die Farben hätten sich verändert – ein Proband war sogar der Meinung, es würde sich bewegen. Physiologisch konnten allerdings keine größeren Veränderungen der Vitalparameter festgestellt werden. Die Forscher schließen daraus, dass auch im Kontext von halluzinogenen Drogen ein Placebo-Effekt wirksam ist. Scheinbar reicht die Annahme aus, eine solche Substanz eingenommen zu haben, um bei einigen Menschen entsprechende Symptome hervorzurufen.
Aus diesem Placebo-Effekt erhoffen sich die Forscher auch einen praktischen klinischen Nutzen: Solche kontextuelle Faktoren könnten Medizinern in der Therapie helfen, mit weit geringeren Dosierungen der Wirkstoffe die gewünschten Effekte zu erzielen.
Textquelle: Olson et al. / Psychopharmacology
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