In einer Fallserie aus Wuhan geht es um Patienten, die sich während der Inkubationszeit von SARS-CoV-2 einer elektiven Operation unterzogen haben. Diese erkrankten schwerer an COVID-19 und verstarben häufiger.
Die retrospektive Studie wurde an vier Kliniken in Wuhan durchgeführt und umfasst insgesamt 34 Patienten, die sich während des frühen Stadiums der COVID-19-Pandemie elektiven Operationen unterzogen. Alle Patienten waren bei der stationären Aufnahme asymptomatisch und hatten in den Kliniken keinen Kontakt zu infizierten Personen. Deshalb gehen die Autoren davon aus, dass die Patienten bereits vor der Aufnahme ins Krankenhaus mit SARS-CoV-2 infiziert waren.
Die Patienten unterzogen sich in den Kliniken verschiedenen chirurgischen Eingriffen, die die Autoren entsprechend der Nationalen Gesundheitskommission Chinas für das hierarchische Management chirurgischer Eingriffe in vier Stufen einteilten. Gemäß dieser Einteilung handelt es sich bei Operationen der Stufe 1 um einfache Eingriffe mit geringer technischer Schwierigkeit und geringen Risiken. Operationen der Stufe 4 hingegen sind hochkomplex, technisch sehr anspruchsvoll und weisen hohe Risiken auf. In der vorliegenden Studie wurden die meisten Patienten mit der chirurgischen Schwierigkeitskategorie der Stufen 2 und 3 operiert (insgesamt 31 Patienten).
Schneller und schwerer Infektionsverlauf
Im Anschluss an die durchgeführten Eingriffe brach bei allen Patienten eine SARS-CoV-2-Infektion aus. Die durchschnittliche Dauer bis zum Ausbruch lag bei 2 bis 6 Tagen nach OP, wobei die Infektionen häufig schnell und schwer verliefen. So entwickelten alle 34 Patienten nach dem chirurgischen Eingriff eine Pneumonie und klagten durchschnittlich 3,5 Tage nach der OP über Dyspnoe. Die kurze Zeitspanne bis zum Auftreten von Atemnot überraschte die Autoren, die angeben, dass in einer weiteren Studie mit 41 zuvor nicht operierten COVID-19-Patienten, diese Zeitspanne etwa 8 Tage betrug.
15 der 34 Patienten (44 Prozent) mussten schließlich aufgrund von fortschreitenden Komplikationen oder der Notwendigkeit einer mechanischen Beatmung auf die Intensivstation verlegt werden. Diese Patienten hatten sich im Durchschnitt längeren Operationen unterziehen müssen und wiesen darüberhinaus eine kürzere Zeit von der OP bis zum Auftreten der ersten Symptome auf als die anderen Patienten. Zudem waren die intensivpflichtigen Patienten signifikant älter und litten mit höherer Wahrscheinlichkeit an Komorbiditäten. Sieben Patienten verstarben schließlich an den Folgen der COVID-19-Infektion (20,5 Prozent). Somit lag die Sterblichkeitsrate, nach Angaben der Autoren, viel höher als die berichtete Gesamttodesfallrate von 2-3 Prozent bei Patienten, die zuvor nicht operiert wurden. Auch ist die Zeitspanne vom Auftreten der ersten Symptome bis zum Tod bei den Verstorbenen mit etwa zwei Tagen kürzer als zuvor berichtet.
Die Autoren gehen deshalb davon aus, dass sich der Verlauf der SARS-CoV-2-Infektion aufgrund der zuvor durchgeführten Eingriffe verschlimmert haben könnte. Zwar ist die Stichprobengröße der Studie gering, allerdings hoffen sie, dass ihre Ergebnisse die Weltgemeinschaft darauf aufmerksam machen, im Kampf gegen SARS-CoV-2 besser vorbereitet zu sein. Zudem sollte sorgfältig abgewogen werden, ob elektive Operationen zur Zeit der COVID-19-Pandemie nicht auch verschoben werden können.
Quelle: © Shaoqing Lei et al. / EClinicalMedicine
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