Nach der Biozidverordnung kommt jetzt die nächste Sonderregelung in der Apotheke. Diesmal geht es um den Impfstoff Pneumovax®.
Ob Desinfektionsmittel, Mundschutz oder Impfstoffe – es herrscht eine Mangelwirtschaft in Apotheken, die immer wieder gewitzt bekämpft wird. Sei es durch Mittelsmänner, die mit geldgefüllten Koffern vor chinesischen Werken Masken kaufen, oder durch Gesetze, die coronabedingt einfach außer Kraft gesetzt werden.
Zuerst musste die Biozidverordnung Federn lassen. Apotheker dürfen auf einmal wieder das tun, was sie bis 2017 ohne Genehmigung oder Zulassung tun durften, nämlich Desinfektionsmittel für Hände und Flächen herstellen.
Doch was tun wir mit den fehlenden Impfstoffen? Die STIKO hat ihre Vorgaben zum Pneumokokkenimpfstoff verschärft. Momentan dürfen nur extrem gefährdete Personen geimpft werden (Patienten mit eingeschränktem Immunsystem oder mit chronischen Atemwegserkrankungen, Menschen ab 70 Jahren, Säuglinge und Kinder bis zwei Jahre).
Allerdings ist der Impfstoff ohnehin seit Wochen schon nicht mehr auf dem Markt erhältlich. Und so einfach wie Desinfektionsmittel ist der nicht herzustellen.
Also informierte das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) am 12. März 2020 auf seiner Website offiziell über die Lieferschwierigkeiten bei Pneumokokkenimpfstoffen, was eine Ausnahmeermächtigung nach dem Arzneimittelgesetz ermöglichte. Eigentlich dürfen Arzneimittel nicht auf Vorrat importiert werden, üblicherweise ist ein Einzelimport nur in Ausnahmefällen nach § 73 Absatz 3 Arzneimittelgesetz gestattet. Und auch das gilt nur unter der Voraussetzung, dass es sich um Bestellung für eine Einzelperson handelt und das Produkt im Exportland rechtmäßig in den Verkehr gebracht wurde.
Aufgrund der Ausnahmegenehmigung nach AMG § 79 Absatz 5 durften in Japan nun zwei Chargen Pneumovax 23 eingekauft und kurzfristig nach Deutschland verbracht werden. Diese Impfstoffdosen wurden inzwischen über den Pharmagroßhandel flächendeckend über ganz Deutschland verteilt, und können unter der neu geschaffenen Pharmazentralnummer 166 532 18 manuell beim Großhandel bestellt werden.
Warum nur manuell und noch nicht seriell? Die Pharmazentralnummer ist so neu, dass das System sie erst ab dem 1. Mai erkennt und abbilden kann. Die Ware ist außerdem ausschließlich japanisch beschriftet und ihr liegt auch keine deutschsprachige Packungsbeilage bei. Außerdem handelt es sich bei der japanischen Ware um eine Durchstechflasche, nicht um eine Fertigspritze.
Es ist sicherlich sinnvoll, die Packungsbeilage von der Website des PEI auszudrucken und der Packung beizulegen, denn wenn ein Apotheker ein Importarzneimittel abgibt, greift die Gefährdungshaftung des Herstellers nicht. Er kann also theoretisch haftbar gemacht werden und muss die Qualität und Identität des Arzneimittels garantieren, sowie den verschreibenden Arzt und den Patienten über die bekannten Risiken informieren.
Auf der genannten Seite des PEI finden sich auch Abbildungen der japanisch beschrifteten Packungen zum Abgleich, dass es sich auch um die bestellte Ware und keine Fälschung handelt. Ein Securpharm-Code, der dies eigentlich verhindern sollte, fehlt nämlich ebenfalls.
Die ersten öffentlichen Apotheken – auch die, in der ich arbeite – wurden bereits am Freitag, den 03. April 2020 mit dem Pneumokokkenimpfstoff beliefert.
Bildquelle: Jens Rademacher, unsplash