Das Tropeninstitut München startet eine Stichprobenanalyse zur Verbreitung der Corona-Pandemie.
Kürzlich wurde das neue Projekt „Prospektive COVID-19 Kohorte München” (KoCo19) vorgestellt. Im Rahmen der Studie erhebt ein Forscherteam umfassende Daten, um bewerten zu können, wie stark uns die COVID-19-Pandemie weiter in Atem halten wird und wie es um die Wirksamkeit der Gegenmaßnahmen steht. Das Tropeninstitut am LMU Klinikum München (Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin) hat die Studie zusammen mit der Bayerischen Staatsregierung vorbereitet.
Mit dieser Studie kann besser beurteilt werden, wie wirksam aktuelle Maßnahmen, wie z. B. der Verzicht auf soziale Kontakte oder Mobilitätseinschränkungen, sind. Geplant ist, im Raum München bis zu 3.000 repräsentativ ausgewählte Haushalte in verschiedenen Zeitabständen zu besuchen, bei den Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern den Infektionsstatus zu untersuchen und weitere Gesundheitsinformationen zu sammeln. Die Teilnahme erfolgt freiwillig.
Das Projekt wird vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, dem LMU Klinikum München und dem Helmholtz Zentrum München finanziert. Die Ergebnisse der Studie werden regelmäßig in einem Beratungsgremium, bestehend aus dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, dem Referat für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München, der Ludwig-Maximilians-Universität München und dem Helmholtz Zentrum München diskutiert.
Weltweit und damit auch in München befinden sich Menschen derzeit inmitten einer beispiellosen Situation. Sie sind direkt oder indirekt mit den Folgen der COVID-19-Pandemie konfrontiert und erleben, wie „Social Distancing“ oder „Selbst-Isolation“ ihren Alltag bestimmen, dass sie im öffentlichen Raum Abstand voneinander halten und Verwandte oder Freunde nur noch virtuell treffen sollen. Dies tun sie, um sich und andere vor der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus zu schützen und die medizinische Versorgung insbesondere der am schwersten betroffenen Patientinnen und Patienten sicherzustellen.
Um die Verbreitung von SARS-CoV-2 in der Bevölkerung zu analysieren, arbeiten Kooperationspartner vom Center for International Health (CIH), des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin und des Instituts für Notfallmedizin und Medizinmanagement (INM) des LMU Klinikums, sowie das Helmholtz Zentrum München unter der Leitung des Infektionsmediziners und Tropeninstitutsdirektors Prof. Dr. med. Michael Hölscher, zusammen. Neben der Verbreitungsanalyse soll über Antikörpertests zudem ermittelt werden, wie viele Personen sich mit dem Virus bereits infiziert haben, ohne jemals Symptome verspürt zu haben. Denn auch diese können das SARS-CoV-2 übertragen und damit die Pandemie befördern. Zusätzlich ist es wichtig festzustellen, in welcher Zeitspanne sich Mitglieder eines Haushaltes untereinander anstecken.
Wie wirksam aktuelle Maßnahmen (z. B. der Verzicht auf soziale Kontakte oder Mobilitätseinschränkungen) sind, kann mit Hilfe dieser Studie besser beurteilt werden. Eine Studie mit zufällig ausgewählten Haushalten ist der Goldstandard solcher epidemiologischen Untersuchungen. Dies ist natürlich nicht für ganz Deutschland oder Bayern möglich. Die generierten Daten sollen jedoch weiterhin zum Einsatz kommen, um einfachere Methoden wie Querschnittsuntersuchungen oder Untersuchungen bei Blutspendern zu „eichen“, und dann für ganz Bayern verfügbar zu machen.
Um solche Voraussagen treffen zu können, werden in die Studie Menschen aller Altersgruppen aus der Münchner Gesamtbevölkerung einbezogen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wählen 3.000 Münchner Haushalte per Zufallsstichprobe aus und laden diese zur Studienteilnahme ein. Alle über 14-jährigen Haushaltsmitglieder werden im persönlichen Interview befragt und um eine Blutprobe zur Bestimmung von Antikörpern gegen SARS-CoV-2 gebeten. Bei aktuellen Symptomen kann auch ein Rachenabstrich durchgeführt werden. Zudem kann jedes Haushaltsmitglied auf freiwilliger Basis ein Symptom-, Aufenthalts- und Kontakttagebuch per App führen.
Dies soll über einen Zeitraum von etwa zwölf Monaten mehrfach wiederholt werden. Sollten zwischen den Besuchen bei den Haushaltsmitgliedern SARS-CoV-2 typische Symptome auftreten, besteht die Möglichkeit, auch zwischen den festgelegten Terminen am Tropeninstitut des LMU Klinikums München einen Nasenrachenabstrich durchführen zu lassen. Aus diesem kann ein molekularer Nachweis einer akuten Coronavirus-Infektion durchgeführt werden. Bei schweren Symptomen erfolgt eine Einweisung in ein Münchner Krankenhaus.
Seit Sonntag, 5. April, sind die ersten medizinischen Teams der Studie in verschiedenen Münchner Stadtteilen unterwegs. Hölscher, Direktor des Tropeninstituts am LMU Klinikum München, ruft Münchnerinnen und Münchner zur Teilnahme auf: „Um der Pandemie intelligent begegnen zu können, müssen wir die Ausbreitung von SARS-CoV-2 genau verstehen und abschätzen können, wie viele Menschen die Infektion schon erfolgreich überstanden haben. Dies wird in den nächsten Monaten einer der wichtigsten Parameter für die Steuerung der Maßnahmen zum ‚Social Distancing’ sein. Repräsentative Stichproben sind hierfür ein gutes Instrument."
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Klinikum Universität Mündchen.
Bildquelle: Lachlan Gowen, unsplash