Privathaushalte sind mehrheitlich für die ins Abwasser eingeleiteten Medikamentenrückstände verantwortlich. Gesundheitseinrichtungen tragen dagegen lediglich mit nur wenigen Arzneistoffen als nennenswerte Verursacher zu einer Verunreinigung des Abwassers bei.
Das Wissenschaftlerteam um Prof. Dr. Klaus Kümmerer analysierte Medikamentenverbrauchsdaten eines Krankenhauses, einer psychiatrischen Klinik und eines Pflegeheimes in Südwestdeutschland. Auf Basis der so ermittelten Verbrauchsmuster identifizierten die Forscher 50 häufig verabreichte Substanzen, die generell eine besondere Relevanz für den Abwassereintrag haben. Sie werden von den Patienten teils unverändert ausgeschieden und gelangen so ins Abwasser. Den über drei Jahre gemittelten Gesamtverbrauch dieser Medikamente durch die Gesundheitseinrichtungen verglichen die Wissenschaftler in einem zweiten Schritt mit dem jährlichen Gesamtverbrauch der ausgewählten Substanzen durch deutsche Privathaushalte. Dazu nutzten sie Daten aus dem jährlich veröffentlichten Arzneiverordnungs-Report (AVR).
Die Ergebnisse belegen für die überwiegende Zahl der untersuchten Substanzen im nationalen Vergleich einen deutlich höheren durchschnittlichen Verbrauch durch Privathaushalte als durch Einrichtungen des Gesundheitswesens. So ist der Verbrauch von Medikamenten, die den Verdauungstrakt oder das Herz-Kreislauf-System beeinflussen, in Krankenhäusern 15 bis 500 Mal niedriger als in Privathaushalten. In psychiatrischen Kliniken erhöht sich der Unterschied sogar bis auf den Faktor 2.500. Selbst der Verbrauch von Schmerzmitteln durch Krankenhäuser macht nur einen relativ kleinen Anteil am Gesamtverbrauch aus – bei Metamizol, dem Schmerzmittel mit dem größten Verbrauch, sind es lediglich 22 Prozent. Nennenswerte Verbrauchsmengen konnten nur für das Sedativum Clomethiazol in Krankenhäusern sowie für das Neuroleptikum Quetiapin und das Antidepressivum Moclobemid in Pflegeheimen aufgezeigt werden. Spezifische API (kurz für engl.: Active Pharmaceutical Ingredients) wie diese können daher in regionaler Perspektive auf bestimmte Gesundheitseinrichtungen als Emissionsquellen zurückgeführt werden. Anhand ihrer Studie konnten die Lüneburger Wissenschaftler erstmals belegen, dass bundesweit betrachtet auch psychiatrische Kliniken und Pflegeheime im Vergleich zu Privathaushalten nur einen geringen Anteil an der Einleitung von API ins kommunale Abwasser haben. In bisherigen Untersuchungen war dies lediglich für Allgemeine Krankenhäuser nachgewiesen worden. Originalpublikation: The Significance of Different Health Institutions and Their Respective Contributions of Active Pharmaceutical Ingredients to Wastewater Manuel Herrmann et al.; Environment International, doi: 10.1016/j.envint.2015.07.020; 2015