Um deutsche Praxen zu entlasten, hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss einige Sonderregelungen vereinbart. Es geht um Neuerungen bei der Abrechnung, dem Ausstellen einer AU und mögliche Ausgleichszahlungen.
Um Vertragsärzte und -psychotherapeuten während der COVID-19-Pandemie zu entlasten und eine zusätzliche Ausbreitung des Virus über die Wartezimmer der Praxen zu verhindern, hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) jetzt einige Sonderregelungen vereinbart. Zudem hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) einige Richtlinien gelockert.
Für die ambulante medizinische Versorgung von Coronavirus-Patienten wird zusätzliches Geld bereitgestellt. Alle ärztlichen Leistungen, die aufgrund des klinischen Verdachts auf eine Infektion oder einer nachgewiesenen Infektion erforderlich sind, werden seit 1. Februar in voller Höhe extrabudgetär bezahlt. Ärzte kennzeichnen die Fälle dazu mit der Ziffer 88240. Gilt bis: unbefristet.Mehr Informationen: https://www.kbv.de/html/1150_44667.php
Niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten können mit Ausgleichszahlungen für Umsatzeinbußen infolge der Corona-Krise rechnen. Die Bundesregierung hat dazu ein entsprechendes Hilfspaket beschlossen. Das Paket sieht verschiedene Maßnahmen vor, um Einbußen von Krankenhäusern und Arztpraxen zu vermeiden. Auch die Pflege erhält Unterstützung.Mehr Informationen: https://www.kbv.de/html/1150_45220.php und hier.
Vertragsärzte dürfen Patienten bis zu 14 Tage am Telefon krankschreiben. Voraussetzung ist, dass es sich um eine leichte Erkrankung der oberen Atemwege handelt. In solchen Fällen ist die telefonische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) auch möglich, wenn der Verdacht auf eine Infektion mit SARS-CoV-2 besteht. Alle Regelungen gelten auch für die Ausstellung einer ärztlichen Bescheinigung für den Bezug von Krankengeld bei der Erkrankung eines Kindes (Muster 21). Eine AU nach telefonischer Anamnese kann für bis zu zwei Wochen ausgestellt werden.
Nur bei diesen Patienten:
Liegt ein begründetet Verdacht auf eine Infektion mit dem neuartigen Coronavirus vor, informiert der Arzt den Patienten darüber, wo er sich testen lassen kann. In einigen KV-Bereichen benötigen Patienten für die Untersuchung eine Überweisung (Muster 10). In diesen Fällen schickt der Arzt die Überweisung zusammen mit der AU an den Patienten. Da es ein begründeter Verdacht ist, meldet der Arzt den Fall dem Gesundheitsamt. Den Patienten verpflichtet er, Verhaltensregeln einzuhalten und unverzüglich einen Arzt zu kontaktieren, falls sich sein Gesundheitszustand verschlechtert.
Verwendung der eGK:
Hinweise zur Abrechnung:
Ärzte und Psychotherapeuten können unbegrenzt Videosprechstunden anbieten. KBV und Krankenkassen haben die geltenden Beschränkungen für den Einsatz der Videosprechstunde für das zweite Quartal aufgehoben. Damit sind Fallzahl und Leistungsmenge nicht limitiert. Die Videosprechstunde ist bei allen Indikationen möglich und auch dann, wenn der Patient zuvor noch nicht bei dem Arzt in Behandlung war. Auch ärztliche und psychologische Psychotherapeuten dürfen bestimmte Leistungen per Videosprechstunde durchführen und abrechnen, unter anderem Einzeltherapiesitzungen. Gilt bis: 30. Juni 2020.Mehr Informationen: https://www.kbv.de/html/1150_44943.php und hier.
Psychotherapeuten dürfen während der Corona-Krise neben Einzeltherapiesitzungen auch psychotherapeutische Sprechstunden und probatorische Sitzungen (auch neuropsychologische Therapie) per Video durchführen. Eine Psychotherapie kann somit auch ohne persönlichen Kontakt zwischen Patient und Therapeut beginnen. Dies sollte besonderen Einzelfällen vorbehalten bleiben.
Hinweise zur Abrechnung: Für diese Sonderregelung wurde der EBM so angepasst, dass die entsprechenden Gebührenordnungspositionen auch abgerechnet werden dürfen, wenn die Leistungen in einer Videosprechstunde durchgeführt wurden. Gilt bis: 30. Juni 2020.Mehr Informationen: https://www.kbv.de/html/1150_45109.php und hier.
Genehmigte Leistungen einer Gruppenpsychotherapie können übergangsweise in Einzelpsychotherapie umgewandelt werden, ohne dass hierfür eine gesonderte Antragstellung bei der Krankenkasse oder Begutachtung erfolgen muss. Die Umwandlung erfolgt über die „Therapieeinheit“ und muss lediglich formlos der Krankenkasse mitgeteilt werden.
Für je eine Therapieeinheit genehmigte Gruppentherapie (entspricht einer Sitzung mit 100 Minuten) kann bei Bedarf maximal je Patient der Gruppe eine Einzeltherapie (entspricht einer Sitzung mit 50 Minuten) durchgeführt und abgerechnet werden. Gilt bis: 30. Juni 2020.Mehr Informationen: https://www.kbv.de/html/1150_45109.php
Heilmitteltherapien können vorerst für einen längeren Zeitraum unterbrochen werden. Auch die Maximalfrist zwischen Verordnungsdatum und Therapiebeginn wird vorerst aufgehoben. In beiden Fällen behalten ärztliche Verordnungen ihre Gültigkeit. Die Lockerungen betreffen auch Hilfsmittel, die häusliche Krankenpflege und Krankenfahrten zu einer vor- oder nachstationären Behandlung.
Heilmittel:
Dies bezieht sich auf sämtliche Heilmittel, die Vertragsärzte verordnen dürfen: Physiotherapie, Ergotherapie, Podologie, Ernährungstherapie, Stimm-, Sprech-und Sprachtherapie.
Hilfsmittel:
Häusliche Krankenpflege:
Krankenfahrten:
Die Fristen für die Verordnung von Krankenfahrten (z.B. im Taxi) zu einer vor- oder nachstationären Behandlung wurden erweitert.
Für Versicherte wurde die Genehmigungsfrist bei der Krankenkasse erweitert. Versicherte haben statt 3 jetzt 10 Arbeitstage Zeit, die Verordnung zur Genehmigung bei ihrer Krankenkasse vorzulegen. Dies gilt für folgende Leistungen: Häusliche Krankenpflege, Soziotherapie, Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung (SAPV). Gilt bis: 31. Mai 2020.Mehr Informationen: https://www.kbv.de/html/1150_45288.php
Vertragsärzte dürfen Folgeverordnungen auch nach telefonischer Anamnese ausstellen und postalisch an den Versicherten übermitteln. Bei der Krankenbeförderung gilt die Sonderregelung ebenso für Vertragspsychotherapeuten, denn auch sie dürfen Krankenbeförderungen veranlassen. Voraussetzung ist, dass der verordnende Arzt oder Psychotherapeut den Versicherten bereits zuvor aufgrund der selben Erkrankung persönlich untersucht hat, er ihm also bekannt ist.
Es geht um folgende Leistungen:
Hinweis: Arzneimittelrezepte durften Vertragsärzte auch bisher schon in Ausnahmesituationen per Post an Patienten senden. Voraussetzung dafür ist, dass der Patient bei dem Arzt in Behandlung ist. Gilt bis: 31. Mai 2020.Mehr Informationen: https://www.kbv.de/html/1150_45288.php
Für den Versand von Arzneimittelrezepten und anderer Verordnungen sowie Überweisungen werden Ärzten die Portokosten mit 90 Cent erstattet. Patienten müssen also nicht in die Praxis kommen, um sich nur ein Rezept oder eine Verordnung abzuholen. Möglich ist das allerdings nur, wenn der Patient bei dem Arzt in Behandlung ist. In diesem Fall muss auch nicht die elektronische Gesundheitskarte eingelesen werden. Die Versichertendaten aus der Patientenakte dürfen übernommen werden. Die Versandkosten werden mit der GOP 40122 abgerechnet. Gilt bis: 30. Juni 2020.Mehr Informationen: https://www.kbv.de/html/1150_45037.php und hier.
Krankentransporte zu einer ambulanten Behandlung von COVID-19-Patienten sind genehmigungsfrei. Dies gilt auch für Patienten, die nach behördlicher Anordnung unter Quarantäne stehen. Ärzte und Psychotherapeuten, die einen solchen Krankentransport (nicht: Krankenfahrt im Taxi) veranlassen, müssen die Verordnung kennzeichnen. Dazu geben sie auf dem Formular für die Krankenbeförderung (Muster 4) an, dass es sich um einen nachweislich COVID-19-Erkrankten oder einen gesetzlich Versicherten in Quarantäne handelt. Wichtig: Die ambulante Behandlung, zu der ein Krankentransport verordnet wird, muss zwingend medizinisch notwendig und nicht aufschiebbar sein. Gilt bis: 31. Mai 2020.Mehr Informationen: https://www.kbv.de/html/1150_45288.php
Krankenhäuser können für einen längeren Zeitraum nach der Entlassung aus dem Krankenhaus zum Übergang in die ambulante Versorgung Leistungen veranlassen beziehungsweise Bescheinigungen ausstellen. Konkret sind es jetzt 14 Tage. Dabei geht es um folgende Leistungen: AU, häusliche Krankenpflege, Hilfsmittel, Soziotherapie, SAPV sowie Heilmittel. Hier wurde die 12-Kalendertage-Frist, bis zu der die vom Krankenhaus verordnete Heilmittelbehandlung abgeschlossen sein muss, auf eine 21-Kalendertage-Frist erweitert.
Bei der Verordnung von Arzneimitteln im Entlassmanagement hat der G-BA die Begrenzung auf eine Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen ausgesetzt. Für sonstige Produkte wie Blutzuckerstreifen oder Verbandmittel dürfen Rezepte für den Bedarf von bis zu 14 Tagen ausgestellt werden. Die Einlösefrist für Entlassrezepte wurde auf 6 Werktage verlängert. Gilt bis: 31. Mai 2020.Mehr Informationen: https://www.kbv.de/html/1150_45288.php
Ärzte können Kinder-Früherkennungsuntersuchungen ab der U6 jetzt auch durchführen und abrechnen, wenn die vorgegebenen Untersuchungszeiträume und Toleranzzeiten überschritten sind. KBV und GKV-Spitzenverband haben vereinbart, dass diese festen Zeiträume für die U6, U7, U7a, U8 und U9 ausgesetzt werden. Gilt bis: 30. September 2020.Mehr Informationen: https://www.kbv.de/html/1150_45165.php
Die Zentralen Stellen versenden bis 30. April keine Einladungen zum Mammographie-Screening. Das hat der G-BA in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Gesundheit beschlossen. Nach Beendigung der Aussetzung wird der Einladungsversand umgehend nachgeholt. Frauen, die erst jüngst zur Untersuchung waren und bei denen ein auffälliger Befund festgestellt wurde, erhalten unverändert eine zeitnahe Abklärungsdiagnostik. Frauen mit akut auffälligen Befunden außerhalb des Screenings werden wie bisher kurativ versorgt. Gilt bis: 30. April 2020.Mehr Informationen: https://www.kbv.de/html/1150_45157.php
Zur Sicherstellung der Versorgung von Dialyse-Patienten haben KBV und GKV-Spitzenverband einen Notfallplan für die Zeit der Pandemie verabschiedet. Zur Sicherstellung der Dialyse-Versorgung sollen die Einrichtungen flexibel auf bestimmte Notsituationen reagieren können.
Das gilt zum Beispiel, wenn Dialyse-Ärzte krankheitsbedingt ausfallen oder ganze Einrichtungen aus Gründen des Infektionsschutzes nicht in dem gewohnten Umfang weiterarbeiten können. In solchen Fällen können Praxen beispielsweise unkompliziert Patienten anderer Praxen übernehmen. Außerdem wurden die Zuschlagsziffern für Infektionsdialysen an die Coronavirus-Situation angepasst. Gilt bis: 30. Juni 2020.Mehr Informationen: https://www.kbv.de/html/1150_45158.php
Angesichts der Corona-Krise können die KVen viele Qualitätssicherungsmaßnahmen vorübergehend aussetzen oder von den Bundesvorgaben abweichen. Dies betrifft unter anderem Dokumentationsprüfungen durch Stichproben, Fallsammlungs-, Präparate- oder Geräteprüfungen und die Einhaltung von Mindestmengen.
Auch Fortbildungsmaßnahmen für Vertragsärzte und ihre Praxismitarbeiter, die für bestimmte Leistungen vorgeschrieben sind, fallen darunter. Damit sollen in erster Linie die Praxen entlastet werden. Zudem können aufgrund der besonderen Versorgungssituation bestimmte Qualitätsvorgaben derzeit nicht eingehalten werden. Gilt bis: 30. Juni 2020.Mehr Informationen: https://www.kbv.de/html/1150_45218.php
Dieser Text beruht auf einer Pressemitteilung der Kassenärztlichen BundesvereinigungBildquelle: Ramiro Mendes, Unsplash