Indem sie ihr Immunsystem beständig adaptieren, verteidigen sich Bakterien gegen Viren. Nach erfolgreicher Abwehr können sie die Immunität an andere Bakterien weitergeben. Mithilfe einer neuen Software ist es gelungen, diesen Vorgang schnell und detailliert zu analysieren.
Bakteriophagen sind darauf spezialisiert, Bakterien zu infizieren. Aktuelle Studien legen nahe, dass Phagen zum Beispiel eine Rolle bei chronischen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn spielen könnten. Befallene Bakterien reagieren, indem sie ihr Immunsystem, als CRISPR-Cas bezeichnet, verändern, um sich zu schützen. Nun ist es dem Bioinformatiker Prof. Dr. Rolf Backofen zusammen mit anderen Forschern gelungen, die mehr als 2.000 bekannten CRISPR-Abwehrsysteme von Bakterien zu klassifizieren. Die Forscher haben die CRISPR-Cas-Systeme in zwei Klassen, fünf Typen und 16 Subtypen unterteilt. Dazu nutzte das Team eine selbstentwickelte Software: „Basierend auf maschinellem Lernen ist unser Programm imstande, jedes neue Abwehrsystem automatisch zu klassifizieren“, sagt der Bioinformatiker.
Die Viren nutzen eine schwer zu schlagende Waffe: Sie entwickeln sich schnell und können sich dadurch immer neuen Wirten anpassen. Die Bakterien können sich durch ihr adaptives Immunsystem zu Wehr setzen. Das bedeutet, dass Bakterien, die eine Phageninfektion überlebt haben, sich gegen weitere Infektionen desselben Erregers schützen können. Dazu nutzen sie das System CRISPR-Cas. Es basiert auf Ribonukleinsäure, die für die Biosynthese von Proteinen verantwortlich ist. Bakterien integrieren ein kurzes Stück der ursprünglichen Viren-DNA in ihr CRISPR-System. Jede eindringende DNA, die eine große Ähnlichkeit mit diesem gespeicherten Stück aufweist, wird vom Bakterium umgehend unschädlich gemacht. Diese Immunität, also die Information im CRISPR-Cas-System, können verschiedene Bakterien auch über den horizontalen Gen-Transfer miteinander teilen – sie impfen sich sozusagen gegenseitig. Allgemeiner Aufbau eines CRISPR-cas-Systems. Die Klassifizierung basiert auf der Komposition der CRISPR-assoziierten Proteine (cas). © Rolf Backofen Die Flexibilität macht die Klassifikation verschiedener CRISPR-Systeme schwierig – bisher war diese Arbeit nur durch mühsame manuelle Analyse möglich. Die von Backofens Team entwickelte Software verarbeitet und analysiert unzählige Datenmengen in kurzer Zeit. So können mehr als 20.000 Proteinsequenzen in fünf Minuten analysiert werden. „Insbesondere ist es nun auch möglich, Bakterien zum Beispiel im Magen oder auf der Haut als Ganzes zu sequenzieren und nach den vorhandenen Bakteriophagen-Immunitäten, also CRISPR-Systemen, zu untersuchen“, sagt Backofen. Originalpublikation: An updated evolutionary classification of CRISPR–Cas systems Kira S. Makarova et al.; Nature Reviews Microbiology, doi: 10.1038/nrmicro3569; 2015