Bei Neugeborenen von infizierten Müttern hat man spezifische Antikörper gegen SARS-CoV-2 gefunden. Ist eine vertikale Transmission also doch möglich?
In einem Fallbericht beschreiben chinesische Wissenschaftler, dass eine schwangere 29-Jährige mit leichten Symptomen einer Atemwegserkrankung in eine Klinik eingeliefert wurde. Mehrere PCR-Tests fielen positiv auf SARS-CoV-2 aus, anhand eines Thorax-CTs stellten die Mediziner die für COVID-19 typischen beidseitigen Milchglastrübungen in der Lunge fest. Zwei Wochen nach Einlieferung wurde das Kind per Kaiserschnitt mit guten Apgar-Werten (9 nach einer Minute, 10 nach zehn Minuten) geboren. Das Kind wurde sofort isoliert und es fand kein Kontakt zur Mutter statt. Symptome wies das Neugeborene nicht auf, allerdings stellten die Mediziner zwei Stunden nach der Geburt Antikörper gegen SARS-CoV-2 (IgG 140,32 AU/ml; IgM 45,83 AU/ml) fest. Auch noch zwei Wochen später waren erhöhte Antikörper-Spiegel bei dem Kind feststellbar. Fünf PCR-Tests, die zwischen 2 Stunden und 16 Tagen nach der Geburt durchgeführt wurden, waren negativ.
Obwohl eine Infektion bei der Geburt nicht ausgeschlossen werden kann, scheint diese schon vorher stattgefunden zu haben, mutmaßen die Autoren. Das erklären sie sich mit den Ergebnissen des Antikörper-Tests. Schließlich werden Antikörper erst 3 bis 7 Tage nach einer Infektion gebildet, im Blut des Kindes waren sie aber bereits zwei Stunden nach der Geburt nachweisbar. Im Fall von IgG-Antikörpern ist das auch nicht ungewöhnlich, da diese plazentagängig sind, nicht allerdings IgM. Die IgM-Antikörper müssten also vom Kind selbst produziert worden sein, nachdem sein Immunsystem noch im Mutterleib mit dem Virus in Kontakt kam.
In einem weiteren Bericht haben Mediziner sechs Neugeborene von an COVID-19 erkrankten Müttern untersucht. Alle Kinder waren per PCR-Test negativ auf das Virus getestet worden. Bei allen lagen IgG-Antikörper gegen SARS-CoV-2 vor. Bei zwei der Kinder ließen sich allerdings auch IgM-Antikörper nachweisen, welche nicht über die Plazenta ins fetale Blut gelangen können. Die Autoren dieses Berichts spekulieren, dass entweder die Plazenten dieser Frauen abnormal waren oder, dass hier tatsächlich eine vertikale Transmission des Virus stattgefunden hat.
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