Bakterien bilden immer häufiger und schneller Antibiotikaresistenzen aus, die eine erfolgreiche Therapie bakterieller Infektionen zunichte machen. Beim Antibiotika-Cycling erweist sich ein zwölfstündiger Wechsel des Wirkstoffs als wirksam und beugt zugleich Resistenzen vor.
Die schnelle Evolution von Antibiotikaresistenzen stellt eine zunehmend dramatische Gefahr für die öffentliche Gesundheit dar. In weniger als 20 Jahren könnten Antibiotika-resistente Krankheitskeime zu den häufigsten Verursachern nicht-natürlicher Todesfälle gehören. Das Team um Professor Hinrich Schulenburg und Dr. Gunther Jansen von der Arbeitsgruppe Evolutionsökologie und Genetik der CAU hat untersucht, wie sich die abwechselnde Gabe zweier in der klinischen Praxis gebräuchlicher Antibiotika-Paare auf das Bakterium Pseudomonas aeruginosa auswirkt. Dieses ist häufig multiresistent und kann bei immungeschwächten Patienten oder chronischen Erkrankungen lebensbedrohliche Infektionen verursachen. Für die Untersuchungen wurden Evolutionsexperimente im Labor unter kontrollierten Bedingungen durchgeführt. Dabei erwies sich der schnelle Wechsel zweier Antibiotika, sogenanntes Antibiotika-Cycling, als hoch wirksam gegen den Keim. Gleichzeitig hemmte er die Ausbildung von Resistenzen des Bakteriums gegen die Medikamente. Im Behandlungsalltag ist das Antibiotika-Cycling zwar bereits üblich, bislang werden die verschiedenen Präparate jedoch für jeweils mehrere Wochen am Stück gegeben. Diese Intervalle sind wahrscheinlich zu lang. Bakterien sind in der Lage, innerhalb weniger Tage, im Extremfall sogar Stunden, Resistenzen auszubilden. Im Evolutionsexperiment wurden daher klinisch relevante Antibiotika in zwölfstündigem Wechsel eingesetzt und mit der dauerhaften Gabe nur eines einzelnen Antibiotikums verglichen.
Der schnelle Wechsel erwies sich dabei als besonders wirkungsvoll. „Uns hat überrascht, dass wir in unseren Experimenten trotz nicht-tödlicher Dosierung der Antibiotika dennoch die Eliminierung von Bakterienpopulationen erreichen konnten. Eine zeitlich komplexe Umgebung, wie sie durch den schnellen Wechsel der verschiedenen Antibiotika geschaffen wird, scheint in diesen Fällen die Resistenzbildungsmechanismen von Pseudomonas aeruginosa zu überfordern“, so Schulenburg.
Kolonien von Pseudomonas aeruginosa wachsen in der Petrischale, der Farbstoff Pyocyanin lässt sie hellgrün erscheinen. © Christian Urban, Universität Kiel Die Kieler Forschergruppe ergänzt die Entwicklung neuer resistenzhemmender Antibiotika-Klassen um eine grundlegend andere Herangehensweise: Hier steht die Evolution und somit die Fähigkeit der Krankheitskeime, sich an Antibiotika anzupassen, im Vordergrund. „Die Entwicklung neuer Medikamente wird nicht mit der Geschwindigkeit mithalten können, mit der die Evolution der Krankheitserreger neue Behandlungsresistenzen hervorbringt. Unser Ansatz zielt daher darauf ab, die bereits bestehenden Wirkstoffe sinnvoller einzusetzen“, sagt Roderich Römhild, Erstautor der Studie. Originalpublikation: Temporal variation in antibiotic environments slows down resistance evolution in pathogenic Pseudomonas aeruginosa Roderich Römhild et al.; Evolutionary Applications, doi: 10.1111/eva.12330; 2015