Dialysepatienten, die sich mit SARS-CoV-2 infizieren, haben oft einen besonders schweren Krankheitsverlauf. Ihre Nierenerkrankung macht sie zu einer der anfälligsten Patientengruppen überhaupt.
Infizieren Dialysepatienten sich mit dem neuartigen Coronavirus, haben sie es in der Regel besonders schwer. Weil ihre Nierenerkranung die bislang bekannten COVID-19-Risikofaktoren grundsätzlich begünstigt, gelten sie wie kaum eine andere Patientengruppe als stark gefährdet und sollten in besonderem Maße geschützt werden.
„Wir wollen keine Panik schüren,“ heißt es seitens der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN). Bisher hatte sie es vermieden, an die Öffentlichkeit zu gehen. Nun aber verschwinden Nierenpatienten als Risikogruppe immer weiter aus dem Blickfeld. Trotz der bislang noch vorläufigen, eher eingeschränkten Datenlage möchte die DGfN daher jetzt für den Schutz dieser hochgradig gefährdeten Patientengruppe sensibilisieren, mahnt dabei jedoch zur vorsichtigen Interpretation.
Wie Berichte aus Dialysezentren deutlich machen, sei der Krankheitsverlauf von Dialysepatienten, die sich mit SARS-CoV-2 infizieren, oftmals sehr schwer und die Sterberate überproportional noch. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) gäbe es bei Personen mit Nierenerkrankungen grundsätzlich ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf der Lungenkrankheit COVID-19. Deshalb seien die gängigen Schutzmaßnahmen, etwa Hygieneempfehlungen und soziale Distanzierung, für eine Reduzierung des Infektionsrisikos entscheidend, hält die Pressemitteilung fest.
Der DGfN zufolge stehen Nierenpatienten – und insbesondere Dialysepatienten – aber nicht nur in der Reihe der gefährdeten Patientengruppen, sondern haben im Gegensatz zu anderen sogar ein kumulatives Risiko. Das liegt daran, dass mit ihrem Krankheitsbild oft mehrere bereits identifizierte Komorbiditäten und Risikofaktoren verbunden sind, darunter Herzerkrankungen, Bluthochdruck und Diabetes mellitus.
Hinzu kommt, dass Dialysepatienten nicht zu Hause bleiben können. Sie müssen sich drei- bis viermal pro Woche dem Transport in ihr Dialysezentrum und damit dem Kontakt mit anderen, möglicherweise infizierten Menschen aussetzen. Dialysepatienten haben ein extrem erhöhtes kardiovaskuläres Risiko und versterben überproportional häufig an Herz-Kreislauferkrankungen. Die Dialysepflichtigkeit ist außerdem bei fast der Hälfte der Betroffenen eine Folgeerkrankung von Diabetes mellitus und bei gut einem Viertel der Betroffenen eine Folge von Bluthochdruck. Die Mehrzahl aller Dialysepatienten ist außerdem alt (über 70 Jahre).
Julia Weinmann-Menke, Pressesprecherin des DGfN, betont deshalb noch einmal die Hochempfindlichkeit der Patienten sowie die Notwendigkeit einer intensiven Pflege mit dem Ziel, Infektionsraten zu senken. Daher arbeiten die Dialysezentren mit Nachdruck daran, eine ausreichende Ausstattung mit Schutzmasken und Desinfektionsmittel zu gewährleisten und auch die für den Krankentransport erforderlichen Sonderschutzvorkehrungen zu treffen, erklärt sie weiter.
Weil Nierenpatienten als Risikogruppe oft aus dem Blick gerieten, sei dringend Aufklärungsarbeit zu leisten. Es lägen Daten vor, die bei Dialysepatienten einen besorgniserregenden Krankheitsverlauf mit hoher Sterberate zeigten, so DGfN-Präsident Prof. Jan Galle. Zu nennen sei die Publikation eines Dialysezentrums aus Wuhan. Von 230 Dialysepatienten waren 37 Patienten mit dem Coronavirus infiziert und 6 dieser Corona-positiven Patienten verstarben, also fast jeder sechste.
Natürlich seien die Daten aus China nicht direkt auf den europäischen Raum zu übertragen und auch die Fallzahl sei zu gering, als dass sich eine statistisch valide Aussage treffen ließe. Jedoch baue die DGfN ein Register auf, auf dessen Basis der Krankheitsverlauf von Corona-positiven Dialysepatienten ausgewertet werden solle. Die Warnsignale vorliegender Berichte dürfen nicht ignoriert werden, betont Galle. Gleichzeitig sorgen aktuelle Daten aus Italien für vorsichtigen Optimismus, denn hier müsse von 18 infizierten Personen nur einer intensivmedizinisch betreut werden.
Basierend auf der Einschätzung des Virologen Prof. Christian Drosten liegt die Todesrate in der Allgemeinbevölkerung bei 0,5 % bzw. bei 1:1200. Die Todesrate der Dialysepatienten läge laut DGfN-Präsident hingegen um ein Vielfaches höher, sodass ein Schutz in besonderem Maße unabdinglich sei.
Die italienischen Daten zeigen, dass man mit höchsten Sicherheitsvorkehrungen die Infektionsraten in Dialysezentren eindämmen kann. Dazu gehöre auch, so die italienischen Autoren, dass alle Patienten, wenn möglich, einen Mundschutz tragen. Leider ließe die derzeitige Ausstattung von Dialysezentren mit Schutzmaterial dies momentan nicht zu, erklärt Weinmann-Menke. Sie sei froh, wenn Personal und infizierte Patienten überhaupt mit Masken versorgen werden können. Die Pressemitteilung schließt mit dem dringlichen Appell an die Politik, Dialysezentren bevorzugt mit Hygienematerialien auszustatten.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie e.V.
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