Normalerweise macht Julia sechs bis zehn Hausbesuche pro Tag. Während der Corona-Krise versucht sie, mehr auf Videotelefonie umzusteigen, um alle Beteiligten zu schützen. Dadurch ergeben sich aber nun ganz andere Herausforderungen.
Julia F. (29) ist freiberufliche Hebamme, die auch Beleg- und Hausgeburten betreut. Mit DocCheck hat sie über ihre aktuelle Jobsituation gesprochen. Zu ihrem Alltag gehören Hausbesuche, die sie auch immer noch durchführt.
Trotzdem versucht sie, vermehrt auf Videotelefonie und Telefon umzusteigen. Das entspricht auch den aktuellen Richtlinien, die ihr Berufsverband veröffentlicht hat.
Berufsverband empfiehlt VideotelefonieIn einer gemeinsamen Pressemitteilung haben sich gestern der Bund freiberuflicher Hebammen Deutschlands (BfHD), das Netzwerk der Geburtshäuser, der deutsche Hebammenverband und der GKV-Spitzenverband zur Hebammenhilfe während der Corona-Epidemie geäußert.
Für die Betreuung und Beratung schwangerer Frauen durch freiberufliche Hebammen sei eigentlich der direkte soziale Kontakt ideal. Angesichts der Verbreitung von SARS-CoV-2 soll dieser aber natürlich minimiert werden. Um dennoch eine gute Beratung gewährleisten zu können, könne bis Mitte Juni vermehrt auf die Beratung oder Kursteilnahme per Videotelefonie zurückgegriffen werden, so die Verbände. Damit bleibe die Versorgung junger Mütter und Schwangerer erhalten. Gleichzeitig könnten mögliche Verdienstausfälle für freiberufliche Hebammen minimiert werden.
Aber: „Das geht nur teilweise gut und hilft auch nur begrenzt weiter“, sagt Julia. „Besonders bei ganz kleinen Neugeborenen ist es schwierig, über Videotelefonie zu beurteilen, wie sich das Kind macht. Das gilt besonders für Mütter, die gerade das erste Kind bekommen haben. Da herrscht viel Unsicherheit.“
Das Ganze sei auch eine Frage der Verantwortung. „Die Frauen sollen möglichst momentan nicht zum Kinderarzt und ich soll nicht kommen. Wie kann ich der Frau ein gutes Gefühl geben in ihrer Verunsicherung, wenn ich mit ihr nur mittels Videotelefonie sprechen kann?“
Julia hat das Gefühl, dass die Verbände momentan selbst nicht wissen, wie man mit der Situation richtig umgeht. Durch die derzeitige Lage haben viele Hebammen auch finanzielle Sorgen. Sie selbst sei davon noch nicht betroffen, ihr Verdienstausfall ist im Moment nicht dramatisch. Das liegt daran, dass sie auch Geburtshilfe anbiete. „Kollegen, die das nicht haben und sich auf die Nachsorge fokussieren, die stecken sicherlich in einer unangenehmen Situation.“
Auch der bürokratische Teil der Neuerungen sorgt noch für Verwirrung: „Ich habe auch noch nicht genau verstanden, wie das nun mit der Abrechnung laufen soll. Videotelefonie bringt ja nicht den gleichen Satz ein wie ein Hausbesuch. Nur weil ich die nun häufiger abrechnen kann, hilft das ja noch nicht, die finanziellen Sorgen, die man eventuell hat, zu decken“. Julia wünscht sich, dass der Informationsfluss von den Verbänden hier noch besser wird und ihr erklärt wird, wie man genau abrechnen dürfe.
In der nächsten Zeit möchte Julia trotz eigener Unsicherheit versuchen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren – und den Frauen, die sie betreut, möglichst viel Normalität in dieser außergewöhnlichen Situation zu bieten.
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