In Island werden auch Menschen auf SARS-CoV-2 getestet, die weder Symptome zeigen noch mit Infizierten Kontakt hatten. Daraus könnte man viel über die Ausbreitung des Virus lernen.
In Zeiten von Corona fallen die Isländer durch besondere Maßnahmen auf: Denn dort werden auch Bewohner auf das Virus getestet, die keinerlei Symptome zeigen. Proportional wurden hier also bisher viel mehr Menschen getestet als in anderen Ländern. Das liegt zum einen an der Größe des Landes. Zum anderen ermöglicht das Unternehmen Decode genetics ein kostenloses Screening für die allgemeine, nicht-symptomatische und nicht von Quarantäne betroffene Bevölkerung.
Island hat 364.260 Einwohner. Nach Angaben der isländischen Regierung wurden davon bisher 9.768 Personen auf COVID-19 getestet. Hochgerechnet auf eine Million Menschen entspräche das 26.762 Individuen (Stand 22.03.2020).
Dass das für andere Länder ressourcenbedingt kaum nachzumachen ist, versteht sich. Aber die besonderen isländischen Möglichkeiten können dennoch wertvolle Erkenntnisse über SARS-CoV-2 liefern, von denen der Rest der Welt profitieren kann.
Mit den Bemühungen wolle man Erkenntnisse über die tatsächliche Verbreitung des Virus in der Bevölkerung gewinnen. Schließlich würen die meisten anderen Länder vor allem Menschen, die Symptomen zeigen, testen, sagte Thorolfur Gudnason, isländischer Epidemiologie gegenüber Buzzfeed.
Decode hat bisher die Ergebnisse von 5.5.71 Tests veröffentlicht, die seit dem 13. März durchgeführt werden. Davon waren 48 positiv, damit scheint die Infektionsrate in der isländischen Bevölkerung im moderaten Bereich zu liegen (0.89 %).
4.197 weitere Individuen wurden durch das Gesundheitssystem getestet. Hier gab es 425 Infizierte. Ein Drittel davon (34 %) konnte auf Reiseaktivitäten, meistens in Risikogebiete wie die Alpen, zurückgeführt werden. Bei über einem Viertel (32,7 %) der Infektionen hat die Übertragung in häuslicher Umgebung stattgefunden. Für den Rest der Infizierten konnte der Übertragungsweg nicht final ermittelt werden.
Insgesamt gab es 473 bestätigte Krankheitsfälle, seitdem der erste Fall am 28. Februar bekannt wurde. Zwei Personen sind an COVID-19 verstorben, 12 Patienten werden im Krankenhaus behandelt.
Die isländische Regierung schreibt in einer Pressemitteilung, man fühle sich darin bestärkt, dass die ergriffenen Maßnahmen im Hinblick auf die Eindämmung der Virusverbreitung Wirkung zeigten. In den kommenden Tagen könne man mithilfe der umfangreichen Tests hoffentlich weitere Erkenntnisse darüber gewinnen, wie sich das Virus in einem Land wie Island ausbreitet.
Die ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung fokussieren sich in Island vor allem auf das Testen der Bevölkerung, Ermittlung der Übertragungswege bei Infektion, Social Distancing, Schaffen eines öffentliches Bewusstsein für Handhygiene und freiwillige Selbstquarantäne. Außerdem wurden drastische Maßnahmen in Einrichtungen des Gesundheitssystems wie etwa in Seniorenheimen ergriffen.
Ein Versammlungsverbot von über 100 Menschen gilt seit dem 15. März. Viele Bildungseinrichtungen wurden geschlossen, Grundschulen und Kindergärten funktionieren unter besonderen Auflagen allerdings weiter. Die Einreise ist nur noch unter bestimmten Bedingungen möglich. Seit dem 19. März müssen alle isländischen Reiserückkehrer 14 Tage lang in Quarantäne bleiben, unabhängig vom zuvor besuchten Reiseziel.
Auch Gudnason findet, dass es vielversprechende Hinweise dafür gibt, dass die ergriffenen Maßnahmen Wirkung zeigen. „Ungefähr die Hälfte der diagnostizierten Fälle waren bereits in Quarantäne“, so Gudnason. Man wolle vor allem die besonders gefährdeten Gruppen schützen. Scheinbar mit Erfolg: Denn bisher sind nur 13 der Betroffenen über 70 Jahre alt.
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