Forschern ist es gelungen, die Hauptprotease von SARS-CoV-2 zu entschlüsseln und somit ein vielversprechendes Ziel für neue Therapien zu finden.
Die Protease (Mpro, auch 3CLpro genannt) ist an der Bildung des Coronavirus-Replikationskomplexes beteiligt und stellt ein Schlüsselenzym im Lebenszyklus des Virus dar. Dringt dieses in die Wirtszelle ein, wird seine RNA zunächst zu einem riesigen Proteinkomplex prozessiert. Die Protease Mpro schneidet anschließend diesen Komplex in zwölf kleine Proteine. Diese bilden Komponenten des Replikationskomplexes und ermöglichen so das Kopieren des viralen RNA-Genoms. Wird die Hauptprotease inhibiert, so kann die Replikation von SARS-CoV-2 unterbunden werden.
Zur Entschlüsselung des Enzyms Mpro verwendeten die Forscher aus Lübeck die Nukleotidsequenz des RNA-Genoms von SARS-CoV-2, die im Januar von einer chinesischen Arbeitsgruppe veröffentlicht wurde. Sie identifizierten die Region des Genoms, die für die Hauptprotease kodiert und übersetzten diese RNA-Sequenz in DNA. Anschließend ließen sie das Gen durch eine Firma synthetisieren und exprimierten es in E. coli-Bakterien. Als die Wissenschaftler ausreichende Mengen des Enzyms produziert und aufgereinigt hatten, analysierten sie die dreidimensionale Struktur im BESSY-Synchroton in Berlin.
Die Struktur wird nun zur Entwicklung von Therapien genutzt. Nach Angaben der Wissenschaftler gibt es keine menschliche Protease, die dem Virus-Enzym ähnlich ist, weshalb mögliche Substanzen gegen das Virus für Menschen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit nicht toxisch sein sollten.
Einen ersten vielversprechenden Ansatz gibt es bereits. So arbeitet Prof. Rolf Hilgenfeld von der Universität Lübeck bereits seit Ausbruch des Middle East Respiratory Syndrome (MERS) an Hemmstoffen, die die Hauptprotease von allen möglichen Coronaviren inhibieren. Eine Leitverbindung konnte nun in einen potenten Hemmstoff gegen das neue Coronavirus verwandelt werden.
Erste Tests mit dieser Substanz laufen bereits. Demnach wurde in Versuchen mit gesunden Mäusen gezeigt, dass die Verbindung nicht toxisch ist und am besten durch subkutane Injektionen oder durch Inhalation verabreicht wird.Bei der Inhalation sammeln sich ausreichende Mengen der als „b13“ bezeichneten Substanz in den betroffenen Organen wie der Lunge an. Darüber hinaus konnte in Zellkulturversuchen mit menschlichen Lungenzellen, die mit SARS-CoV-2 infiziert waren, gezeigt werden, dass die Substanz aktiv war.
Nun soll der Wirkstoff zu einem Medikament entwickelt werden. Allerdings betonen die Forscher, dass die Medikamentenentwicklung vermutlich mehrere Jahre in Anspruch nehmen und das Medikament deshalb nicht während des derzeitigen Ausbruchs zur Verfügung stehen wird. Dennoch sei es wichtig, die antivirale Forschung voranzutreiben und sicherzustellen, dass es zu einer nachhaltigen Entwicklung antiviraler Medikamente kommt.
Quellen: Universität Lübeck // Linlin Zhang et al. / ScienceBild: © NIH / flickr