Eine Fern-Präkonditionierung soll lebenswichtige Organe auf eine Sauerstoffunterversorgung vorbereiten. Eine große Studie mit insgesamt 1.403 herzchirurgischen Patienten konnte jedoch keine signifikanten Vorteile ermitteln.
Die Sauerstoff- und Substratunterversorgung kann durch eine Ischämie und das folgende Reperfusionssyndrom hervorgerufen werden. Sie kann bei einer Operation künstlich ausgelöst werden, weil beispielsweise eine Arterie abgebunden werden muss. Die im Anschluss wiederhergestellte Durchblutung bezeichnet man als Reperfusion. Dieser Prozess aus unterbrochener und wiederhergestellter Durchblutung kann zu Gewebsschädigungen führen. Dem soll durch die Fern-Präkonditionierung vorgebeugt werden. Durch das wiederholte Aufpumpen einer Blutdruckmanschette über den systolischen arteriellen Blutdruck hinaus wird ein kurzzeitiger Sauerstoffmangel in robusten Körperteilen wie dem Unterarm erzeugt. Dadurch soll über die Freisetzung von Botenstoffen die Widerstandsfähigkeit weiter entfernter lebenswichtiger Organe, wie Gehirn und Herz, erhöht werden. Im übertragenen Sinne haben die lebenswichtigen Organe gelernt, einen operativ bedingten Sauerstoffmangel zu überbrücken.
Die aktuelle Studie wurde am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) in Kiel konzipiert. Die Ärzte und Wissenschaftler an beiden Standorten des UKSH, an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und der Universität zu Lübeck (UzL), haben sich neben zwölf weiteren deutschen Universitätsklinika beteiligt, um den Nutzen der Fern-Präkonditionierung auf konkrete klinische Endpunkte zu untersuchen. Innerhalb der RIPHeart-Studie wurden insgesamt 1.403 herzchirurgische Patienten vor der Operation randomisiert einer Interventions- oder Kontrollgruppe zugewiesen. Die Patienten erhielten entweder vier Zyklen einer Fernkonditionierung oder einer Scheinintervention. Die Auswertung fokussierte primär auf den Anteil der Patient mit einer postoperativen Komplikation, wie beispielsweise Herzinfarkt oder Nierenversagen.
In der RIPHeart-Studie konnte weder für den Zeitpunkt der Krankenhausentlassung noch nach 90 Tagen ein signifikanter Vorteil durch die Fern-Präkonditionierung gefunden werden. Aufgrund der aktuellen Studienergebnisse des klinisch nicht nachweisbaren Nutzens muss das in der Vergangenheit vielversprechende Konzept der Fern-Präkonditionierung nun in Frage gestellt werden. Potentiell zukünftige Untersuchungen müssten mögliche Störfaktoren wie zum Beispiel Begleitmedikation oder -erkrankungen und auch weitere Patientengruppen in den Blick nehmen. Das könnten etwa Patienten mit einem frischen Herzinfarkt vor der Herzoperation oder mit einer Organtransplantation sein. Originalpublikation: A Multicenter Trial of Remote Ischemic Preconditioning for Heart Surgery Patrick Meybohm et al.; New England Journal of Medicine, doi: 10.1056/NEJMoa1413579; 2015