Bisherige Versuche, das Herz zu einer höheren Pumpleistung anzuregen, führten bei längerer Anwendung zu einer höheren Mortalität. Heutige Therapien wirken daher indirekt. Das Protein RKIP lässt das Herz jedoch stärker pumpen und schützt es gleichzeitig vor Schäden.
Forscher um Kristina Lorenz, Professorin am Institut für Pharmakologie und Toxikologie und dem Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz der Universität Würzburg, entdeckten, dass ein Protein mit dem Namen RKIP zu einer dauerhaften Erhöhung der Schlagkraft des Herzens führt. In Herzen von Patienten mit chronischer Herzschwäche, so beobachteten sie weiterhin, findet sich mehr von dem Protein als bei gesunden Personen. Dabei handele es sich vermutlich um einen körpereigenen Schutzmechanismus. Für ihre Studie untersuchten sie genetisch veränderte Mäuse, die vermehrt RKIP im Herzen bildeten. Diese profitierten von einer lebenslang erhöhten Herzleistung und waren vor hohem Blutdruck, Infarkt und anderen Schädigungen des Herzens geschützt. Umgekehrt erwiesen sich Mäuse, bei denen das Gen für RKIP ausgeschaltet wurde, als besonders empfänglich für Herzschäden. Durch eine anschließende Gentherapie mit RKIP konnten sie jedoch vor Schäden bewahrt werden.
Das Protein RKIP sorgt dafür, dass Herzmuskelzellen auf das Stresshormon Adrenalin empfindlicher reagieren. Vermittelt wird diese Wirkung durch Rezeptoren auf der Oberfläche der Herzmuskelzellen. Einige Rezeptoren, genannt beta-1, erhöhen die Schlagkraft des Herzens. Andere Rezeptoren, genannt beta-2, vermitteln die Schutzwirkungen. „Unsere Entdeckung eröffnet der Herztherapie ganz neue Chancen“, sagt Kristina Lorenz. Denn bisher gebe es keine Therapie, die das Herz gleichzeitig antreibt und schützt. Denkbar sei eine Behandlung per Gentransfer oder durch Arzneimittel, die die Bildung von RKIP im Herzen anregen. Lorenz: „Nach solchen Medikamenten suchen wir derzeit.“
„Die chronische Herzschwäche ist die Epidemie des 21. Jahrhunderts“, sagt Professor Georg Ertl, Leiter des Deutschen Zentrums für Herzinsuffizienz. Der Bedarf an wirksamen Behandlungen sei groß. „Kristina Lorenz und ihre Arbeitsgruppe haben mit ihrer Entdeckung ein ganz neues Forschungsfeld eröffnet“, betont auch Professor Martin Lohse, Vorstand des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie. Diese Entdeckung könnte eine Vielzahl von neuen Angriffsmöglichkeiten für die Therapie eröffnen. Kristina Lorenz will zusammen mit Firmen an der Entwicklung einer Gentherapie arbeiten. Einfacher anzuwenden wären allerdings Medikamente, die entweder RKIP aktivieren oder seine Produktion im Herzen anregen. Originalpublikation: Cardiac RKIP induces a beneficial Beta-adrenoceptor- dependent positive inotropy Kristina Lorenz et al.; Nature Medicine, doi: 10.1038/nm.3972; 2015