Bei Schwangeren mit Gestationsdiabetes reagiert das Fötusgehirn – im Vergleich zu gesunden Schwangeren – eine Stunde nach Mahlzeiten langsamer auf Töne. Der mütterliche Stoffwechsel scheint den fetalen zu prägen, Diabetes und Übergewicht des Kindes könnten Folgen sein.
Die Gestationsdiabetes-Diagnose erfolgt über einen oralen Glukosetoleranztest, bei dem nüchtern, eine und zwei Stunden nach dem Trinken einer Zuckerlösung Blutzuckerwerte bestimmt werden. Wenn einer der Werte den Grenzwert überschreitet, wird der Gestationsdiabetes diagnostiziert.
Eine Studie des Universitätsklinikum Tübingen mit 40 Schwangeren, davon zwölf mit Gestationdiabetes, beinhaltete drei Messzeitpunkte: Eine Nüchternmessung, nach der die Teilnehmerinnen die Zuckerlösung zu sich nahmen, dann eine Messung eine Stunde nach der Glukoseaufnahme und eine weitere Messung zwei Stunden nach Glukoseaufnahme. Zu jedem Messzeitpunkt wurde mittels fetaler Magnetoenzephalographie die fetale Hirnreaktion auf einen wiederholt präsentierten Ton gemessen und die Reaktionszeit des Gehirns bestimmt. Zusätzlich wurden bei der Mutter zu jedem Messzeitpunkt Zucker und Insulin im Blut gemessen. Eine Stunde nach Glukoseaufnahme fanden die Forscher eine langsamere fetale Reaktion auf Töne in der Gruppe der Gestationsdiabetikerinnen im Vergleich zur Kontrollgruppe. Zu den anderen beiden Messzeitpunkten zeigte sich kein Unterschied zwischen den Gruppen. Die Autoren schließen daraus, dass die fetale Hirnfunktion vom mütterlichen Stoffwechsel beeinflusst wird. Sie nehmen an, dass eine Prägung des fetalen Stoffwechsels durch den der Mutter stattfindet, die Konsequenzen für das spätere Diabetes- und Übergewichtsrisiko des Kindes haben kann. Eine Schlüsselrolle könnte hier der erhöhte Zucker- und Insulinspiegel der Mutter und des Kindes haben. Die Ergebnisse erweitern die bisherigen Erkenntnisse zur Bedeutung von verminderter Insulinwirkung im Gehirn für Übergewicht und Typ-2-Diabetes substantiell, da sie darauf hinweisen, dass möglicherweise eine Insulinresistenz im Gehirn schon in utero angelegt sein könnte. Originalpublikationen: Gestational Diabetes Impairs Human Fetal Postprandial Brain Activity. Katarzyna Linder et al.; Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism, doi:10.1210/jc.2015-2692; 2015 Impaired insulin action in the human brain: causes and metabolic consequences. Martin Heni et al.; Nature Reviews Endocrinology, doi:10.1038/nrendo.2015.173; 2015