Im Laufe ihres Lebens hat eine Frau fast 40 Jahre lang Monat für Monat ihre Periode. Das kostet Geld – und produziert Müll. Auch deswegen werden Menstruationstassen bei meinen Patientinnen immer beliebter.
Heutzutage findet die Menarche bei 95 Prozent der jungen Frauen in einem Zeitfenster zwischen 11 und 15 Jahren statt, das mittlere Menarchealter beträgt in Nordeuropa 13 Jahre. Das mittlere Menopausenalter liegt bei 50 bis 51 Jahren. Das bedeutet, je nach persönlicher Konstitution und Familienplanung, nahezu 40 Jahre lang jeden Monat drei bis sieben Tage Menstruation, zwölf Mal im Jahr.
Hygieneartikel wie Binden oder Tampons müssen daher sicher, praktisch und kostengünstig sein. In Zeiten des Klimawandels möchte man aber auch möglichst nachhaltig handeln. All dies sind Gründe, weshalb immer mehr Frauen zur Menstruationstasse greifen. Eine repräsentative Umfrage des Hamburger Marktforschungsinstituts Splendid Research ergab dazu folgendes Ergebnis:
„Das größte Potenzial zur Ablösung klassischer Einwegprodukte besitzen derzeit wiederverwendbare Menstruationstassen: 88 Prozent der Frauen kennen sie, knapp ein Fünftel hat sie bereits ausprobiert und 13 Prozent verwenden sie gelegentlich bis regelmäßig.“ Besonders jüngere Frauen zwischen 15 und 19 Jahren zeigten sich gegenüber der Produktinnovation aufgeschlossen.
Dabei ist die Menstruationstasse gar nicht so neu. Bereits 1937 meldete die Amerikanerin Leona Chalmers ein entsprechendes Patent an. Aufgrund Materialknappheiten in den Wirren des Zweiten Weltkrieges und einer für solche Themen weniger offenen Gesellschaft, geriet die Tasse zunächst wieder in Vergessenheit.
Doch seit einigen Jahren ist das Interesse an der Menstruationstasse neu entflammt und es existieren inzwischen weltweit verschiedenste Tassen unterschiedlicher Marken, die sich in Material, Tragekomfort, Farbe und Preis unterscheiden.
Es handelt sich um ein kleines, becherförmiges Auffangbehältnis, das in die Vagina eingeführt wird und dort das Menstruationsblut auffängt. Je nach Hersteller besteht es aus Silikon, Kautschuk oder Latex. Die Tasse ist wiederverwertbar und kann bis zu 10 Jahre lang benutzt werden.
Üblicherweise werden zwei Größen angeboten, die sich in Fassungsvermögen und Umfang unterscheiden. Die Entleerungsintervalle sollten ähnlich wie der regelmäßige Tamponwechsel erfolgen. Dabei wird das Blut entfernt und die Tasse mit Wasser gereinigt. Zwischen den Menstruationszyklen muss die Tasse ausgekocht oder in der Mikrowelle behandelt werden.
Wichtig sind – wie bei bekannteren Hygieneprodukten auch – allgemeine Hygieneregeln, wie saubere Hände und eine entsprechende Lagerung der unbenutzten Tasse, vorzugsweise in einer speziellen Box. Außerdem will das Einführen und der korrekte Sitz der Tasse geübt sein: Einige Patientinnen berichten bei ersten Versuchen von Auslaufen und Schwierigkeiten beim Rückholen. Zum Einführen empfehlen sich bestimmte Falttechniken, die mit dem Gynäkologen besprochen oder im Internet nachgelesen werden können.
Im Alltag kann das Ausleeren der Tasse zudem eine Herausforderung darstellen. Viele Arbeitsplätze haben Toiletten, die mit gemeinsam genutzten Waschbecken ausgestattet sind. Zum Reinigen oder Wechseln der Menstruationstasse müsste man hier zum Beispiel immer eine Flasche Wasser oder Hygienetücher mitnehmen. Unterwegs und auf Reisen stellt sich das gleiche Problem.
Lancet veröffentlichte im Juli 2019 eine umfassende Studie zur Menstruationstasse. Obwohl es weltweit 199 verschiedene Marken von Menstruationstassen in 99 Ländern gibt, ist das globale Bewusstsein noch gering, so die Studienautoren. Menstruationstassen wurden nur auf 21 von 69 Websites, die Lehrmaterial zur Pubertät in 27 Ländern enthielten, erwähnt.
In 43 Studien wurden die Daten von 3.300 Anwenderinnen ausgewertet. Dabei handelte es sich um 15 Studien aus Ländern mit niedrigem bzw. mittlerem Einkommen und 28 Studien aus Ländern mit hohem Einkommen. Man untersuchte neben Verfügbarkeit und Kosten der Menstruationstassen insbesondere auch medizinische Unbedenklichkeit, Auslaufsicherheit und die Nachhaltigkeit.
Das Infektionsrisiko im Zusammenhang mit der Anwendung von Menstruationstassen war weder in Europa, noch Nordamerika oder Afrika erhöht. In vier Studien mit 507 Frauen zeigte der Einsatz von Menstruationstassen keine nachteiligen Auswirkungen auf die Vaginalflora. Auch konnten keine Gewebeschäden an Vagina oder Zervix festgestellt werden.
Insgesamt gab es fünf Berichte über das Auftreten eines toxischen Schocksyndroms. Ob dies häufiger ist als bei Tampons oder Binden, lasse sich nicht beurteilen, da die Gesamtzahl an Nutzerinnen von Menstruationstassen nicht bekannt sei, so die Autoren.
Bei IUP-Trägerinnen führte in 13 Fällen die Entfernung der Menstruationstasse zu einer Dislokation der Spirale. Denn durch die Tasse entsteht ein Unterdruck, der bei Entfernen des Gefäßes die Spirale mitziehen kann. Die Autoren der Studie weisen deshalb darauf hin, dass die gleichzeitige Anwendung von Spirale und Menstruationstasse weiter untersucht werden müsse.
In vier Studien mit 293 Teilnehmerinnen wurde die Auslaufsicherheit zwischen üblichen Hygieneartikeln und der Menstruationstasse verglichen. In drei Studien war die Situation ähnlich, in einer Studie erwies sich die Tasse als effizienter als Binde oder Tampon.
Die Preisspanne der Menstruationstasse bewegte sich zwischen 0,72 und 46,72 US-Dollar. Da sie bis zu 10 Jahren verwendbar ist, werden die allgemeinen Kosten für Monatshygiene enorm reduziert. Man geht bei einer Anwendung der Menstruationstasse pro Periode von nur etwa 5–7 % der Kosten von Tampons oder Binden aus. Auch Plastikmüll könnte deutlich reduziert werden: Innerhalb von 10 Jahren verursacht eine Menstruationstasse nur 6 % des Plastikabfalls von Tampons und nur 0,4 % von Einwegbinden.
Bei hygienischem Vorgehen ist die Menstruationstasse eine echte Alternative zu Tampon oder Binde, weil sie sicher und nachhaltig ist. Eine regelmäßige Entleerung zur Vermeidung des gefährlichen toxischen Schocksyndroms, wie auch eine Desinfektion und sachgemäße Lagerung sind obligatorisch.
Menstruationstassen sind durch ihre lange Anwendungsdauer kostensparend und produzieren deutlich weniger Abfälle. IUP-Trägerinnen sollten allerdings auf die Möglichkeit einer Dislokation ihrer Spirale hingewiesen werden.
Spricht man insbesondere junge Frauen auf ihre bevorzugte Monatshygiene an, kommt immer häufiger der Satz: „Menstruationstasse – was sonst?“, offenbar scheinen Kostenfaktor, Nachhaltigkeit und Sicherheit auch meine Patientinnen zu überzeugen. Tampons und Binden werden in Deutschland ab Jahresbeginn immerhin günstiger angeboten. In Schottland sollen sie bald sogar komplett kostenfrei zur Verfügung stehen.
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