Ob es in Deutschland zu flächendeckenden Quarantänemaßnahmen kommen wird, kann derzeit niemand sagen. Klar ist aber: Eine Isolation belastet viele Menschen psychisch. Wie lässt sich das vermeiden?
Bislang befassten sich Wissenschaftler beim neuen Coronavirus SARS-CoV-2 vor allem mit der Diagnostik, der Therapie, der Prävention und der Epidemiologie. Psychologische Aspekte wurden allenfalls gestreift – eine Lücke, die Samantha K. Brooks vom King's College London jetzt mit einer Übersichtsarbeit schließt. Ihr Artikel ist in The Lancet erschienen.
Was Quarantäne konkret bedeutet? Per definitionem ist es „eine zeitliche Absonderung von Personen mit bestimmten Infektionskrankheiten oder krankheitsverdächtigen Personen von der übrigen Bevölkerung als Schutzmaßnahme gegen Einschleppung und Verbreitung der betreffenden Infektion“ – nachzulesen im Flexikon.
Brooks recherchierte zusammen mit Kollegen in Literaturdatenbanken. Geeignete Arbeiten sollten sich mit psychischen Auswirkungen der Quarantäne befassen. Von 3.166 Artikeln wurden aus methodischen Gründen nur 24 in die Bewertung aufgenommen. Hier ging es zwar nicht um das neuartige Coronavirus. Vielmehr wurden ältere Fachartikel zur Quarantäne bei Influenza-, MERS-, SARS- oder Ebola-Ausbrüchen bewertet. Doch Brooks hält ihre Ergebnisse für übertragbar auf das aktuelle Krankheitsgeschehen.
Eine durchschnittliche Länge der Quarantänezeit lässt sich nicht einfach angeben; sie rangiert im Median zwischen 2–5 Tagen (im Fall einer SARS-Infektion) und mehreren Wochen, bzw. unklarer Dauer (z. B. im Fall einer Ebola-Infektion).
Drei Studien zeigten, dass längere Quarantäne mit einer schlechteren psychischen Gesundheit assoziiert waren, insbesondere hinsichtlich posttraumatischer Belastungsstörungen, Vermeidungsverhalten und Wut. Einige Forscher vermuten, dass Personen, die mehr als 10 Tage unter Quarantäne gestellt wurden, signifikant höhere posttraumatische Stresssymptome zeigten als diejenigen mit kürzerer Isolation.
In acht Studien berichteten Teilnehmer von Ängsten über ihre eigene Gesundheit oder über die Sorge, Familienmitglieder zu infizieren. Dies galt wohlgemerkt für gesunde Menschen ohne SARS-CoV-2-Infektion. Wer das Haus nicht verlassen durfte, achtete auch mehr auf vermeintliche Symptome der Lungenkrankheit COVID-19, verglichen mit Personen ohne Ausgangsverbot.
Im Detail identifizierte Brooks mehrere Stressoren, die auch in Deutschland relevant werden könnten:
Jede Quarantäne geht (hoffentlich) einmal zu Ende, doch die psychischen Folgen dauern an. Hier fand Brooks folgende Aspekte:
Was kann also getan werden, um die Folgen der Quarantäne zu mildern? Brooks rät Gesundheitsbehörden und Regierungen: