Nur sechs Prozent der Deutschen möchten ihre letzten Tage im Krankenhaus verbringen. Jedoch stirbt dort fast jeder zweite ältere Mensch. So der Faktencheck Gesundheit. Für eine bessere Palliativversorgung hat der Bundestag nun ein neues Hospiz- und Palliativgesetz beschlossen.
Wie ein schwerkranker oder alter Mensch betreut wird und ob er im häuslichen Umfeld bleiben kann, entscheidet das medizinische und pflegerische Angebot vor Ort. In Regionen mit vielen niedergelassenen Ärzten, die eine Zusatzqualifikation im Bereich Palliativmedizin haben, verbringen mehr Menschen ihre letzten Tage in den eigenen vier Wänden. Baden-Württemberg zum Beispiel hat gut ausgebaute ambulante Versorgungsangebote. Dort sterben nur 41 Prozent der älteren Menschen im Krankenhaus. Wäre in allen Bundesländern das regionale Angebot vergleichbar organisiert, müssten jährlich rund 37.000 Menschen weniger im Krankenhaus sterben. Die Bertelsmann Stiftung hat in ihrem Faktencheck Gesundheit analysiert, welche Angebote an Palliativmedizin es derzeit bereits gibt und wo noch Lücken bestehen.
„Die Planung neuer Versorgungsangebote sollte sich an dem Wunsch der allermeisten Menschen ausrichten, ihre letzten Lebenstage zu Hause zu verbringen“, sagt Dr. Brigitte Mohn, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. Der Ausbau der ambulanten Versorgung müsse deshalb Vorrang vor einem Ausbau stationärer Angebote haben. Zudem sollten alle Beteiligten vor Ort – Ärzte, Pflege- und Hospizdienste, Krankenhäuser und Krankenkassen – die neuen Möglichkeiten des beschlossenen Hospiz- und Palliativgesetzes nutzen, Menschen am Lebensende würdevoll zu begleiten. In den Bundesländern, in denen die stationären Angebote besonders stark ausgebaut sind, sterben mehr Menschen in Kliniken als im Bundesdurchschnitt. In Nordrhein-Westfalen etwa, wo die Krankenhauskapazitäten hoch sind, verbringen 49 Prozent der Älteren ihre letzten Lebenstage in einer Klinik.
Zwar sind die Versorgungsangebote für Schwerkranke und sterbende Menschen in den vergangenen 20 Jahren stark ausgebaut worden. Allerdings erhielten selbst 2014 bundesweit lediglich knapp 30 Prozent der Verstorbenen eine palliativmedizinische Behandlung. Dies weise auf eine Unterversorgung hin, denn: „Fast 90 Prozent aller Menschen brauchen am Lebensende eine palliative Begleitung“, sagte Prof. Lukas Radbruch von der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin. Neben dem Mangel an Angeboten vor Ort herrsche auch ein nach wie vor hoher Bedarf an Aufklärung. So sei nur wenigen Menschen bewusst, dass eine gut organisierte ambulante Palliativversorgung zu weniger Krankenhauseinweisungen kurz vor dem Tod führt. Palliativversorgung stellt den Erhalt der Lebensqualität in den Mittelpunkt: Sie verringert nicht nur Schmerzen und Depressionen, sondern verhindert auch unnötige, belastende Therapien am Lebensende. Originalpublikation: Faktencheck Gesundheit Bertelsmann Stiftung; 2015