In der Grippesaison 2013/14 haben sich die deutschen Influenza-Impfraten auf niedrigem Niveau stabilisiert. Besonders in den alten Bundesländern ist die Impfbereitschaft jedoch gering. Die empfohlene Durchimpfungsrate bei über 60-Jährigen wird nur etwa zur Hälfte erreicht.
Seit Jahren wird in Deutschland konsequent das Ziel der WHO verfehlt, bei älteren Menschen eine Durchimpfungsrate gegen die Influenza von 75 Prozent zu erreichen. Schlimmer noch: Nach einer aktuellen Untersuchung der Wissenschaftler vom Versorgungsatlas ist die bundesweite Impfrate von 47 Prozent in der Saison 2009/2010 auf 38 Prozent in der Saison 2013/2014 gesunken. Nur im Vergleich mit der vorausgegangenen Saison 2012/2013 zeigte sich ein geringfügiger Anstieg von 37 auf 38 Prozent. „Dies spricht dafür, dass sich die Impfraten zumindest stabilisiert haben“, erklärt Dr. Jörg Bätzing-Feigenbaum, der Erstautor der Studie.
Wie bei nahezu allen Impfungen variiert das Impfverhalten auch bei der Immunisierung gegen Influenza regional. Es besteht ein deutliches Ost-West-Gefälle. In den neuen Bundesländern ließen sich in der Saison 2009/2010 61 Prozent der über 60-Jährigen impfen, in den alten Bundesländern waren dazu nur 43 Prozent der Senioren bereit. In der Saison 2013/14 waren die Raten in den neuen Bundesländern auf 54 Prozent und in den alten auf 33 Prozent gesunken. Die niedrigsten Impfraten finden sich in Baden-Württemberg und Bayern. Auf Kreisebene zeigten sich extreme Unterschiede der Impfraten, die in 2013/14 zwischen 13,5 und 65 Prozent lagen. Bundesweiter Vorreiter war 2009 die Kreisfreie Stadt Frankfurt/Oder mit einer Impfrate von 71 Prozent. In der Saison 2013/14 führt der Kreis Demmin in Mecklenburg-Vorpommern die Liste an. Gründe für den rückläufigen Trend ließen sich, so die Autoren, aus der Datenanalyse nicht herauslesen. Allerdings belegen Umfragen, dass die Influenza von vielen Menschen nicht mehr als schwere Krankheit wahrgenommen werde. Hinzu kämen Zweifel an der Sicherheit und Wirksamkeit der Impfung. Außerdem hätten in den vergangenen Jahren Rabattverträge zwischen Krankenkassen und bestimmten Herstellern immer wieder zu Lieferengpässen bei Grippeimpfstoffen geführt. Diagramm Entwicklung der Impfraten gegen Influenza in den Bundesländern 2009/2010 und 2013/2014. © Versorgungsatlas
„Krankenkassen, Ärzte und der Öffentliche Gesundheitsdienst sollten gemeinsam zielgerichtete Maßnahmen ergreifen, um die Impfraten deutlich zu verbessern“, betont Bätzing-Feigenbaum. Er empfiehlt: „Die jährliche Influenzawelle setzt in Deutschland meist nach der Jahreswende ein. Es dauert 10 bis 14 Tage, bis sich der Impfschutz nach der Immunisierung aufgebaut hat. Deshalb ist es auch jetzt noch nicht zu spät, sich gegen die Influenza zu wappnen. Neben Menschen ab 60 ist dies auch für Patienten wichtig, die aufgrund bereits bestehender chronischer Krankheiten besonders stark von der Grippe betroffen sein können, etwa für Patienten mit Asthma, Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen.“ Für ihre Untersuchung hat das Wissenschaftler-Team des Versorgungsatlas die vertragsärztlichen Abrechnungsdaten der Jahre 2009 bis 2014 ausgewertet und jene Patienten betrachtet, die älter als 60 Jahre waren. In diesen Daten ist jede gesetzlich krankenversicherte Person erfasst, die im entsprechenden Abrechnungszeitraum mindestens einen ambulanten Kontakt mit einem Vertragsarzt hatte. Originalpublikation: Entwicklung der saisonalen Influenzastandardimpfraten: Eine Trendanalyse auf regionaler Ebene für den Zeitraum 2009/2010 bis 2013/2014 Jörg Bätzing-Feigenbaum et al.; Versorgungsatlas; 2015