Nach einer Krebsbehandlung treten oft psychische Symptome auf. Der Umgang damit ist nicht einfach. Psycho-Onkologen sind auf solche Fälle spezialisiert, doch Experten gibt es wenige.
Depressionen, Angststörungen, Suizidgedanken: Krebserkrankungen belasten nicht nur den Körper, sondern auch den Geist. Selbst lange nach dem Ende der Krebstherapie treten die Symptome auf, häufig gemeinsam in sogenannten „Clustern“. Mit der Zunahme an Krebsüberlebenden steigt die Zahl derjenigen, die nach ihrer Heilung Unterstützung brauchen. Psycho-Onkologen sind darauf spezialisiert, doch von ihnen gibt es zu wenige.
Zudem ist es für manche Betroffenen eine Hürde, auch noch psychische Symptome einzugestehen. „Viele fühlen sich sofort stigmatisiert, wenn sie das Wort ‚Psycho’ hören“, sagt Petra-Alexandra Buhl. Sie hat selbst vor dreißig Jahren eine Krebserkrankung überstanden. Als Supervisorin im Gesundheitswesen beschäftigt sie sich mit den Schwierigkeiten der Überlebenden.
Sucht man trotz dieser Angst vor Stigmatisierung Hilfe, können Depressionen und Angststörungen zwar meistens behandelt werden. Aber die üblichen Antidepressiva und psychosozialen Interventionen wirken oft nicht ausreichend und zuverlässig. Möglicherweise könnten alternative Ansätze helfen: Zum Beispiel das bewusstseinserweiternde Psilocybin, einer der Wirkstoffe halluzinogener Pilze.
In einer Studie von 2016 behandelten amerikanische Wissenschaftler 29 Krebspatienten entweder mit Psilocybin oder Niacin (Vitamin B3). Gleichzeitig erhielten die Teilnehmer in beiden Gruppen Psychotherapie. Es zeigte sich, dass Psilocybin schnell und stabil anxiolytisch und antidepressiv wirkte. Dass die Effekte auch langfristig anhalten können, legte eine Folgestudie nahe, die gerade erst veröffentlicht wurde.
Zwar lebten von der ursprünglichen Studie nur noch etwa die Hälfte der Teilnehmer, doch davon schienen immerhin über 60 Prozent anhaltend von der Psilocybin-Erfahrung zu profitieren. Eine Kontrollgruppe gab es in der Folgestudie nicht mehr, da die Untersuchung 2016 als cross-over durchgeführt wurde – das heißt, alle Teilnehmer bekamen Psilocybin, nur zu unterschiedlichen Zeitpunkten.
Alternativ oder konventionell, in jedem Fall ist es wichtig, die Symptome von Krebs-Überlebenden zu behandeln. Denn sie sind nicht zuletzt dafür verantwortlich, dass ehemalige Krebspatienten ein erhöhtes Suizidrisiko haben. Für Außenstehende mag das zunächst seltsam erscheinen: Sie haben die Krankheit besiegt, warum sollten sie sich danach umbringen wollen? Doch Suizid gehört zu eben diesem Cluster mit Depressionen und Angststörungen. Wie viele Patienten betroffen sind, hängt jeweils von der Art der Krebserkrankung ab.
Weniger drastisch, doch ebenfalls belastend, ist die Angst vor Neuerkrankungen, die Progredienzangst. Diese findet man bei über der Hälfte der Überlebenden. „Besonders, wenn ein Termin zur Nach- oder Vorsorge ansteht, kommt die Angst deutlich hervor“, sagt Psycho-Onkologin Prof. Tanja Zimmermann, psychologische Psychotherapeutin an der Medizinischen Hochschule Hannover. Dabei gebe es vielfältige Gründe für Progredienzangst. Existenzielle und finanzielle Fragen oder die Angst vor dem Dahinsiechen – die Befürchtungen können sehr belastend sein, wenn sie allgegenwärtig sind.
Abseits einer klinischen Unterstützung ist die eigene Einstellung entscheidend. Für eine bessere Lebensqualität ist es beispielsweise von Vorteil, wenn man sich selbst als Krebsüberlebender statt als Patient ansieht. Allerdings fanden Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) 2018 heraus, dass mindestens ein Viertel der Betroffenen sich 5 bis 15 Jahre nach der Diagnose noch als „Patient“ beschreibt.
Symptome reduzieren kann man zudem mit einer optimistischen Grundhaltung. Das ist leicht gesagt, für manche Überlebende aber schwer umzusetzen – gerade, wenn sie schon unter Depressionen leiden. „Wie sehr man die Belastung spürt, hängt auch damit zusammen, welche Erfahrungen man vorher im Leben gemacht hat“, so Zimmermann. Habe man bereits Strategien, um mit schwierigen Situationen umzugehen, leide man insgesamt weniger.
Verständnis vom Umfeld ist ebenfalls wichtig für eine gute Bewältigung. Dabei sollten Personen, die den Überlebenden besonders nahestehen, auch auf sich selbst achten, betont Buhl. „Wer angespannt ist und unter Druck steht, kann kaum eine große Hilfe sein.“
Daher sei es wichtig, dass sowohl die Betroffenen als auch ihr unmittelbares Umfeld gut beraten werden. Neben Onkologen, Psycho-Onkologen und Psychotherapeuten können Krebsberatungsstellen relativ kurzfristig Hilfe bieten. Selbsthilfegruppen sind für manche eine gute Option, um Verständnis und ein neues soziales Netzwerk zu finden.
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