Ein Rezept sofort aufs Handy bekommen, ohne von einem Arzt untersucht worden zu sein. Einfach mit dem Handy in die Apotheke nebenan und fertig. Auch wenn nicht alle meiner Meinung sind, für die Apotheke vor Ort ist das gut.
Heute erreichte uns die Meldung, dass die Rezept-Bestell-App „Call-my-apo“ von NOVENTI eine Kooperation mit der britischen Online-Arztpraxis ZAVA eingegangen ist.
Wem ZAVA nicht so viel sagt, vielleicht ist Dr.Ed eher ein Begriff? Dort konnte man schon vor Jahren rezeptpflichtige Medikamente estellen, ohne jemals „physisch“ einen Arzt gesehen zu haben. Die gesetzlichen Krankenkassen spielen hier keine Rolle, die Online-Praxis beliefert ausschließlich Privatpatienten (oder Kunden der Gesetzlichen, die privat bezahlen).
Apotheken dürfen mitmischen
Ich bin persönlich kein großer Freund dieser „zahl mir genug Geld, dann bekommst du alles“-Mentalität, da bin ich ehrlich, aber die Politik sieht das anders. Mit der Aufhebung des Fernbehandlungs- und des Fernverordnungsverbotes sind diese Geschäftsmodelle nun erlaubt und gewünscht. Bisher konnten allerdings ausschließlich die Online-Apotheken diesen wachsenden Markt bedienen. Das hat NOVENTI nun geändert.
Mit der „Call-my-Apo“/ZAVA-Kooperation darf jetzt auch die Apotheke vor Ort mitmischen, und das ist auch gut so! Es gibt natürlich genügend Aufschreie im konservativen Lager (und ich verstehe durchaus die Bedenken, die geäußert werden- ich teile sie sogar), und die Forderung, wir sollten uns an solch einem Geschäft nicht beteiligen (die ich dennoch nicht teile).
In Schönheit sterben? Nein danke!
Denn mal ehrlich: Was hätten wir denn von unserer Verweigerungshaltung? Die Politik will es, die Bevölkerung will es auch, es ist gesetzlich geregelt – so what? Hilft es den Apotheken vor Ort denn, den moralischen Zeigefinger auszupacken und in Schönheit zu sterben? Das kann doch auch niemand wollen.
Gesetze werden sich in dieser Hinsicht erst ändern, wenn genügend negatives vorgefallen ist. Wir können es uns nicht leisten, diesen Markt den Online-Apotheken zu überlassen. DocMorris kooperiert ja bereits mit der schwedischen Online-Arztpraxis Kry, mit GERDA gibt es in Baden-Württemberg ein Modellprojekt mit der Online-Arztpraxis „DocDirekt“. Da ist es nur folgerichtig, sich mit dranzuhängen um nicht abgehängt zu werden.
Ehrlich gesagt sehe ich das auch als Möglichkeit für die „unverbesserlichen“ unter den Apothekenkunden, die uns versuchen dazu zu zwingen, Medikamente ohne Rezept herauszugeben. Da zieht das Argument „mein Arzt ist telefonisch nicht zu erreichen“ oder „er ist mal wieder im Urlaub ohne Vertretung“ nicht mehr. Wir können an eine rund um die Uhr verfügbare Online-Arztpraxis verweisen, damit der Kunde sich dort ein Rezept besorgt.
Wenn nicht mehr der Arzt entscheidet
Also: Wer Probleme sieht, weil im Grunde nicht mehr der Arzt entscheidet was der Patient einnimmt, sondern der zahlungskräftige Patient selbst, der möge sich beteiligen und die Negativbeispiele dokumentieren, um dagegen argumentieren zu können. Wer keine Probleme sieht, der sollte ebenfalls mit ins „Call-my-Apo“-Boot kommen, um jetzt schon zu zeigen, dass wir schneller sind als jeder Versender- und genau so „digital“.
Die App wird von vielen unserer Kunden immer fleißiger genutzt (bisher nur um Rezeptfotos zwecks Vorbestellung zu übermitteln) und kommt total gut an. Ich bin gespannt wann wir das erste „digitale“ Rezept erhalten. Spannende neue Zeiten kommen da auf uns zu!
Bildquelle: Ashley Jurius, unsplash