Bei unerfülltem Kinderwunsch fragen viele Männer, wie sie ihre Spermienqualität verbessern können. Die Substitution mit Omega-3-Fettsäuren soll helfen – das ist nur eins von vielen Beispielen. Meine Einschätzung als Urologin.
Zunächst einmal stellt sich die Frage bei unerfülltem Kinderwunsch, ob bereits ein Spermiogramm vorliegt. Zu beachten ist, dass zwei Spermiogramme bei einem Mann sehr unterschiedlich ausfallen können. Zeigt das Spermiogramm einen Normalbefund oder ist nur von geringen Einschränkungen auszugehen, so können Lifestyle-Änderungen einen positiven Einfluss nehmen.
Liegt jedoch eine schwere Störung ohne Nachweis von Spermien oder dem Nachweis von nur vereinzelten Spermien in mehreren Spermiogrammen vor, so sollte man den Patienten zu einem Andrologen überweisen. Hier ist meist nicht zu erwarten, dass Veränderungen des Lebensstils zu einer starken Verbesserung des Spermiogramms führen. Bei längeren Therapiekonzepten muss auch das Alter der Partnerin beachtet werden, deren Fruchtbarkeit mit ca. 35 Jahren sinkt, besonders aber nach dem 40. Lebensjahr.
Verschiedene Studien haben einen Zusammenhang zwischen Adipositas und verminderter Spermaqualität bzw. erhöhter DNA-Fragmentation gezeigt. Vermutet werden u.a. eine Verschlechterung der Spermaqualität über hormonelle Veränderungen bei übergewichtigen Männern mit einer Verschiebung des Verhältnisses Testosteron zu Estradiol zugunsten des Estradiols. Auch wenn der Einfluss des Übergewichts auf die Fruchtbarkeit noch nicht eindeutig geklärt ist, wird empfohlen, Männern mit Adipositas zu einer Gewichtsabnahme zu raten.¹
Empfohlen werden Nahrungsmittel, die reich an Omega-3-Fettsäuren, Vitamin E, Vitamin C, Beta-Carotin, Selen, Zink, Cryptoxanthin, Leukopin, Vitamin D und Folsäure sind. Demgegenüber sollten Fertigprodukte, gezuckerte Getränke, Süßigkeiten, Soja und Vollmilchprodukte eher gemieden werden.¹
Eine neuere Untersuchung konnte allerdings keinen positiven Effekt von Folsäure und Zink auf die Spermaqualität oder die Häufigkeit von Lebendgeburten bei assistierter Reproduktion nachweisen.² Demgegenüber weist eine neuere Studie auf einen möglichen Nutzen von Fischölkapseln welche Omega-3-Fettsäuren enthalten hin.⁹
Der Markt bietet Nahrungsergänzungsmittel (NEM) an, um die Fruchtbarkeit zu erhöhen. Diese werden in den Leitlinien nicht empfohlen. Da aber eine Ernährungsempfehlung wie oben angegeben oft nicht umgesetzt wird oder werden kann, haben die speziellen NEM m.E. durchaus ihre Berechtigung.
Hier ist die Empfehlung eindeutig: Aufhören zu rauchen, da eine schlechtere Spermaqualität bei Rauchern belegt ist und es sogar im Rahmen von assistierten Reproduktionen bis 2 Jahre nach dem Rauchen noch zu schlechteren Schwangerschaftsraten kommt. 1-3
Zunehmend auch bei Freizeitsportlern zu finden ist die Einnahme von Anabolika/Testosteronderivaten. Diese führen über eine negative Rückkopplung der Hypothalamus/Hypophysenachse zu einer hochgradigen Oligozoospermie oder zu einer Azoospermie. Das Hodenvolumen wird kleiner und es kann zu Libidoverlust und Erektionsstörungen kommen. Nach Absetzen dauert es oft viele Monate bis sich ein normales Gleichgewicht einstellt.¹ Vorsicht: zum Teil sind Nahrungsergänzungsmittel für den Muskelaufbau mit Prohormonen versetzt und diese sind nicht deklariert.⁴
Der regelmäßige Konsum von Cannabis scheint mit einer schlechteren Spermaqualität assoziiert zu sein. Andere Drogen sind unzureichend untersucht.¹
Hier gibt es keine Aussage zu einer Dosis-Wirkungskurve, aber chronischer Alkoholkonsum kann die Spermaqualität herabsetzten.1,3,5
Hier gibt es viele verschiedene schädigende Einflüsse auf die Fruchtbarkeit: von Ejakulationsstörungen (z.B. Antidepressiva) über den Einfluss auf Hormonregelsysteme (Östrogene, hochdosierte Glukokortikoide) bis zur direkten Schädigung des Keimzellepithels (z.B. zytotoxische Chemotherapeutika). Hier fehlt es noch bei vielen Medikamenten an belastbaren Daten, im Einzelfall kann sich aber eine Recherche und das Wechseln von Medikamenten lohnen (z.B. Mesalazin, Cholchicin, Carbamazepin, Metoclopramid, Cotrimoxazol, Spironolakton, Cimetidin, uva.).3,6
Hitze ist schlecht fürs Sperma: Besucht Mann die Sauna 2x/Woche für 15 min mit Temperaturen von 80 bis 90 Grad, so sinkt die Spermaqualität. 1-3
Soldaten der US-Armee, die in Radarstationen arbeiteten, wiesen in den 1950er Jahren Einschränkungen der Fruchtbarkeit durch Mikrowellenstrahlung auf. Daher kommt immer wieder die Frage nach der Schädigung durch elektromagnetische Strahlung auf. Hier besteht zwar weiterer Forschungsbedarf, jedoch ist im Moment nicht davon auszugehen, dass Mobiltelefone eine Gefährdung der Fruchtbarkeit darstellen. 3,7
Dibromchlorpropan wurde gegen Würmer auf Bananenplantagen eingesetzt und führte zur Unfruchtbarkeit der Arbeiter dort. Auch Schwermetalle (z.B. Blei, Cadmium, Aluminium) haben negative Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit.
EDCs (Endocrine Disrupting Chemicals) können die Wirkung von Hormonen nachahmen oder beeinträchtigen und so das hormonelle Gleichgewicht stören. Die Substanzen finden sich weit verbreitet in Sonnencremes, Zahnpasta oder als Weichmacher in Plastik. Einige dieser Substanzen (Enzacamen, Dibutylphthalat, Triclosan) ändern das Schwimmverhalten von Spermien. Das Problem hierbei ist, dass man diese Substanzen im Alltag nur schwer vermeiden kann und sich die Wirkungen vermutlich addieren. 3,8
Zusammengefasst lässt sich sagen: Eine gesunde Ernährung bei normalem Körpergewicht und das Vermeiden von möglichen Noxen (vom Rauchen bis zu Phthalaten) bietet eine gute Voraussetzung nicht nur für einen guten Allgemeinzustand sondern auch für ein normales Spermiogramm.
Literatur:
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